Verifikation der Elbe- und Donauflut Mai/Juni 2013

Erst elf Jahre war es her, als enorme Regenmengen in Tschechien und Sachsen eine ungeheure Flut an der Elbe und in Sachsen ausgelöst hatten. Dazu können Sie sich unsere Verifikation zum Elbehochwasser vom August 2002 näher anschauen.

Ende Mai 2013 bahnte sich entlang der Elbe und der Donau eine noch größere Flut an. Wasserstände, wie sie streckenweise noch niemals zuvor gemessen wurden, sorgten für Schäden in Milliardenhöhe. Wir wollen in diesem Artikel die Hintergründe und Fakten zu dieser Katastrophe etwas chronologisieren und auch hinterfragen.

Ähnlich wie im Jahre 2002 lag Mitteleuropa im Bereich eines umfangreichen und von der Westwindzone abgekoppelten Tiefdrucksystems. Diese Wetterlage wird nach Paul Hess’ und Helmuth Brezowskys „Katalog der Großwetterlagen Europas (1881 bis 1998)“ als „Trog Mitteleuropa“ bezeichnet. Charakteristisch für diese Wetterlage ist eine schwache Höhenströmung über Deutschland. Der tiefe Luftdruck bewegt sich kaum von der Stelle und so können große Regionen tagelang mit den gleichen oder ähnlichen Wettererscheinungen behelligt werden. In den Sommermonaten vermischen sich dabei in der Regel sehr kühle Luftmassen vom Atlantischen Ozean mit sehr warmer Subtropikluft über Deutschland.

Mitte Mai 2013 kam es bereits in der Mitte Deutschlands zu länger anhaltenden und ergiebigen Regenfällen mit großen Regensummen. Dies sind bei weiteren flächigen Niederschlägen geeignete Ausgangsbedingungen zur Ausbildung einer ausgeprägten Hochwasserlage. Die Böden sind dann mit Wasser gesättigt oder Bäche und Flüsse führen bereits hohe Wasserstände. Vor allem in der letzten Maidekade kam es zu Hochwasser am Harz und im Süden Niedersachsens sowie in Teilen Thüringens.

Niederschlagssummenkarte Login-Bereich Unwetterzentrale, 24stündige Summen

Abb. 1: Niederschlagssummenkarte Login-Bereich Unwetterzentrale, 24stündige Summen 19.05.2013, 3 Uhr bis 20.05.2013, 3 Uhr MESZ

Die Niederschlagssummenkarte aus dem geschlossenen Benutzerbereich der Unwetterzentrale zeigt 24stündig bereits hohe Regenmengen zwischen 20 und 40 Litern pro Quadratmeter, örtlich sogar noch mehr in Teilen Thüringens, Unter- und Oberfrankens.

Niederschlagssummenkarte Login-Bereich Unwetterzentrale, 24stündige Summen

Abb. 2: Niederschlagssummenkarte Login-Bereich Unwetterzentrale, 36stündige Summen 25.05.2013, 7 Uhr bis 26.05.2013, 19 Uhr MESZ

Bis zum Abend des 26. Mai kam es in der Mitte Deutschlands zu weiteren großflächigen Regenfällen mit Mengen zwischen 30 und 50 Litern pro Quadratmeter in der Summe. Besonders betroffen waren der Süden und Südosten Niedersachsens, Sachsen-Anhalt, Berlin, Brandenburg und erneut Thüringen sowie Teile Frankens. Durch die erneut großflächigen Niederschlagsmengen waren die Böden bereits teilweise gesättigt bzw. überstaut und im südlichen Niedersachsen bildete sich Hochwasser. Im Westen Sachsens, in Thüringen sowie in Unter- und Oberfranken wurden die Böden weiter gesättigt und die Wasserstände erreichten bereits Hochwasserwerte auf moderatem Niveau.

Vergleich Vorhersagemodelle vom 24.05.2013, 02 MESZ: 186stündige Niederschlagssummen bis 31.05.2013, 20 MESZ

Abb. 3: Vergleich Vorhersagemodelle vom 24.05.2013, 02 MESZ: 186stündige Niederschlagssummen bis 31.05.2013, 20 MESZ (ECMWF-Modell links, GFS-Modell rechts) aus dem MeteoGroup-Redaktionssystem

Vergleich Vorhersagemodelle vom 27.05.2013, 02 MESZ: 180stündige Niederschlagssummen bis 03.06.2013, 14 MESZ

Abb. 4: Vergleich Vorhersagemodelle vom 27.05.2013, 02 MESZ: 180stündige Niederschlagssummen bis 03.06.2013, 14 MESZ (ECMWF-Modell links, GFS-Modell rechts) aus dem MeteoGroup-Redaktionssystem

Die Wettervorhersagemodelle mit einer längeren Vorhersagereichweite zeigten bereits am 24. Mai über der Mitte Deutschlands gefährliche Regenmengen in großflächigem Stil an. Das europäische Modell ECMWF stellte bis zum 31. Mai Regenmengen zwischen 50 und 90 Liter pro Quadratmeter in Aussicht, das amerikanische Modell GFS legte den Schwerpunkt der Regenfälle, wie sich später auch leider bewahrheiten sollte, weiter in den Osten, zog aber vor allem im Südwesten und Süden Deutschlands deutlich höhere Regenmengen von weit über 100 Liter pro Quadratmeter in Betracht.

Niederschlagssummenkarte Login-Bereich Unwetterzentrale, 24stündige Summen

Abb. 5: Niederschlagssummenkarte Login-Bereich Unwetterzentrale, 24stündige Summen 30.05.2013, 5 Uhr bis 31.05.2013, 5 Uhr MESZ

Die Analyse der Radardaten und Messwerte der Wetterstationen zeigte am Morgen des 31. Mai, dass das amerikanische Wettermodell mit seiner schwerpunktmäßig nach Osten gelagerten Regenschwerpunkte Recht haben sollte. Im Westen Sachsens, in Thüringen, in Unter- und Oberfranken sowie in Oberbayern und Niederbayern kam es zu Überschwemmungen nach hohen Regenmengen.


Die Grosswetterlage

VIS-Satellitenbild (sichtbarer Kanal des Satelliten, der alles sieht, was von der Sonne angestrahlt wird) vom 29.05.2013, 8 Uhr MESZ aus dem MeteoGroup-Redaktionssystem.

Abb. 6: VIS-Satellitenbild (sichtbarer Kanal des Satelliten, der alles sieht, was von der Sonne angestrahlt wird) vom 29.05.2013, 8 Uhr MESZ aus dem MeteoGroup-Redaktionssystem.

Das Satellitenbild zeigt die Wolkenverteilung über Mitteleuropa. Wir haben die wetterbestimmenden Tiefdruckgebiete und Luftströmungen eingezeichnet. Zwei Tiefdruckgebiete bestimmten zunächst das Wetter. Ein Tief lag westlich der Niederlande und führte sehr feuchte und kühle Meeresluft arktischen Ursprungs über Großbritannien und Nordfrankreich nach Süddeutschland. Gleichzeitig zog ein Tief von Osteuropa nach Westen. Es steuerte subtropisch warme und feuchte Mittelmeerluft über den Balkan und Tschechien in den Nordosten Deutschlands.

Diese unterschiedlichen Luftmassen vermischten sich und es konnten sich starke Regengebiete und Gewitter bilden. Die beiden Tiefs verschmolzen im weiteren Verlauf zu einem steuernden Tiefdruckgebiet, das sich über dem Osten Tschechiens etablierte (rot markiertes „T“). Daraus resultierte im Osten Süden Deutschlands eine nördliche Strömungskomponente und die Regengebiete wurden von Norden her gegen die Berge gedrückt. Außerordentlich hohe Regensummen im Westerzgebirge, Vogtland, Thüringer Wald, Schwarzwald, auf der Schwäbischen Alb, im Bayerischen Wald, Böhmerwald und an den Alpen waren die Folge.


Niederschlagsradaranimation

Niederschlagsradar-Animation vom 28.05.2013, 8 Uhr bis 03.06.2013, 20 Uhr MESZ aus dem MeteoGroup-Redaktionssystem Radarskala

Abb. 7: Niederschlagsradar-Animation vom 28.05.2013, 8 Uhr bis 03.06.2013, 20 Uhr MESZ aus dem MeteoGroup-Redaktionssystem

Sie sehen hier die Animation des hochaufgelösten Regenradars in 3stündigem Intervall. Der Bildausschnitt zeigt die Südosthälfte Deutschlands.

Zu Beginn wurden auf der Vorderseite des atlantischen Tiefdruckgebietes kräftige Regenfälle und Gewitter aus Südwesten nach Norden geführt. Mit der Bildung des Tiefdruckschwerpunkts über Tschechien drehte die Strömung über Südost und Ost auf Nordost. Zeitweise überquerten die Südosthälfte Deutschlands sehr ergiebige Regenfälle. Die Intensitäten können Sie an der Skala erkennen.

Am 1. Juni war der Dreh- und Angelpunkt über Tschechien voll ausgebildet und heftige Regenfälle und Gewitter zogen von Nordosten und Norden gegen die Berge. Insbesondere die Alpen stellten dabei ein großes Hindernis dar und führten zur unheilvollen Verstärkung der Regenfälle. Teilweise regnete es mit Niederschlagsintensitäten von 10 bis 20 Litern pro Quadratmeter und pro Stunde. Dies führte zu schwerem Hochwasser vor allem im Unterlauf der Donau mit Rekordpegelständen, wie sie bis dahin für schier unmöglich gehalten wurden. Der Wasserstand am Pegel Passau stieg auf bis dato niemals zuvor erreichte 12,89 Meter an. Damit lag der neue Rekordwert 2,17 Meter über dem Wert vom August 2002 und sogar das Extremhochwasser aus dem Jahr 1952 wurde um 65 Zentimeter überschritten.

Niederschlagssummenkarten Login-Bereich Unwetterzentrale, 48stündige Summen von Baden-Württemberg und Bayern 30.05.2013, 7 Uhr bis 01.06.2013, 7 Uhr MESZ

Abb. 8: Niederschlagssummenkarten Login-Bereich Unwetterzentrale, 48stündige Summen von Baden-Württemberg und Bayern 30.05.2013, 7 Uhr bis 01.06.2013, 7 Uhr MESZ

Niederschlagssummenkarten Login-Bereich Unwetterzentrale, 48stündige Summen von Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen 31.05.2013, 7 Uhr bis 02.06.2013, 7 bzw. 8 Uhr MESZ

Abb. 9: Niederschlagssummenkarten Login-Bereich Unwetterzentrale, 48stündige Summen von Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen 31.05.2013, 7 Uhr bis 02.06.2013, 7 bzw. 8 Uhr MESZ

Niederschlagssummenkarten Login-Bereich Unwetterzentrale, 48stündige Summen Deutschland 01.06.2013, 6 Uhr bis 03.06.2013, 6 Uhr MESZ

Abb. 10: Niederschlagssummenkarte Login-Bereich Unwetterzentrale, 48stündige Summen Deutschland 01.06.2013, 6 Uhr bis 03.06.2013, 6 Uhr MESZ


Messwerte Niederschlagsmengen

Nachfolgend haben wir eine Auswahl der höchsten Niederschlagsmengen in verschiedenen Zeiträumen, gemäß Dauer der stärksten Niederschläge, zusammengestellt:

BAYERN

Do, 30.05.2013, 12:00 Uhr MESZ bis Mo, 03.06.2013, 12:00 Uhr MESZ (95 Stunden)

  • 403,6 l/m² - Aschau-Stein
  • 368,8 l/m² - Kreuth-Glashuette
  • 319,1 l/m² - Obere Firstalm Schlierseer Berge
  • 318,0 l/m² - Jachenau-Tannern
  • 310,9 l/m² - Winklmoos-Alm
  • 287,3 l/m² - Marktschellenberg
  • 233,1 l/m² - Reit im Winkl
  • 232,9 l/m² - Spitzingsee
  • 232,1 l/m² - Siegsdorf-Höll
  • 220,5 l/m² - Chiemsee-Herrenchiemsee
  • SACHSEN

    Do, 30.05.2013, 02:00 Uhr MESZ bis Mo, 03.06.2013, 16:00 Uhr MESZ (111 Stunden)

  • 228,8 l/m² - Stützengrün-Hundshübel
  • 199,1 l/m² - Carlsfeld
  • 194,4 l/m² - Hartmannsdorf
  • 191,2 l/m² - Lichtenberg
  • 190,2 l/m² - Morgenröthe-Rautenkranz
  • 190,2 l/m² - Lössnitz/Sachsen
  • 185,2 l/m² - Marienberg
  • 184,8 l/m² - Aue
  • 182,5 l/m² - Sankt Egidien
  • 179,9 l/m² - Stollberg
  • BADEN-WÜRTTEMBERG

    Do, 30.05.2013, 12:00 Uhr MESZ bis So, 02.06.2013, 08:00 Uhr MESZ (69 Stunden)

  • 174,5 l/m² - Isny
  • 165,2 l/m² - Argenbuehl
  • 150,3 l/m² - Bad Urach
  • 148,8 l/m² - Burladingen-Hausen
  • 142,3 l/m² - Wiesensteig
  • 138,1 l/m² - Stötten
  • 138,0 l/m² - Mummelsee
  • 136,6 l/m² - Albstadt-Lautlingen
  • 132,5 l/m² - Kressbronn
  • 127,2 l/m² - Bühlerhöhe
  • Bei diesen Regenmengen helfen Hochwasserschutzmaßnahmen nur bedingt. Es ist einfach zu viel an Wasser, das die Bäche und Flüsse durchquert. Alleine entlang der Elbe fließen bei diesen Rekordwasserständen 4.000 bis 5.000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde. Schnell erkennbar wird, wenn man die Wassermenge auf einen ganzen Tag hochrechnet, dass gegen diese Wassermassen kein Kraut gewachsen ist.


    Entwicklung an der Elbe

    Der Wasserstand der Elbe bei Dresden stieg auf Grund der Verteilung der Regenmengen nicht so hoch wie im Jahr 2002. 8,76 Meter war der Höchststand am 6. Juni dieses Jahres. 9,40 Meter wurden im August 2002 gemessen.

    Da sich der Schwerpunkt des Regens weiter im Westen bewegte als im August 2002, stellten sich Rekordpegelstände entlang der Elbzuflüsse Elster und Saale ein. Diese Wassermassen trafen dann auf die aus Süden aufziehende Hochwasserwelle der Elbe. Damit wurden ab der Elstermündung stromabwärts höhere Wasserstände und somit neue Rekordwerte erreicht, die um 70 bis 85 Zentimeter höher ausfielen als bei der Flut im August 2002.

    Die Wassermassen der Rekordhochwasserwelle der Saale summierten sich dann ab Barby zu einer extremen Hochwasserwelle, die in Richtung Sachsen-Anhalt und Niedersachsen ebenfalls zu neuen Allzeitrekorden führte. Da die Fließgeschwindigkeit der Elbe vergleichsweise langsam ist, verlagern sich solche Fluten nur sehr langsam und beanspruchen die Deiche und Dämme immens und dies über viele Tage oder gar mehrere Wochen.


    Eine Auswahl an Höchstwasserständen an verschiedenen Pegeln

    Donau
    - Regensburg: 6,82 m am 04.06.2013, damit 0,22 m höher als am 14.08.2002
    - Deggendorf: 8,03 m am 04.06.2013
    - Passau: 12,89 m am 03.06.2013, damit 2,08 m höher als am 13.08.2002 und 0,65 m höher als 1952

    Elbe
    - Dresden: 8,76 m am 07.06.2013, damit 0,64 m niedriger als im August 2002
    - Torgau: 9,02 m am 07.06.2013
    - Aken: 7,90 m am 09.06.2013, damit 0,34 m höher als im August 2002
    - Barby: 7,61 m am 09.06.2013, damit 0,28 m höher als im August 2002
    - Magdeburg-Strombrücke: 7,46 m, wegen Saalehochwasser 0,66 m höher als im August 2002
    - Tangermünde: 8,36 m am 10.06.2013
    - Wittenberge: 7,85 m am 10.06.2013

    Saale
    - Calbe 9,64 m am 07.06.2013. Damit wurde dort der bisherige Rekord um 0,50 m übertroffen.

    Rhein
    - Karlsruhe-Maxau: 8,68 m am 02.06.2013. 8,84 m wurden am 14.05.1999 erreicht.

    Festzustellen ist an dieser Stelle, dass die Fluten im Alpenvorland und entlang der Donau auch noch höher hätten ausfallen können, wäre die Schneefallgrenze in den Alpen nicht vergleichsweise niedrig ausgefallen. Sie lag bei 1600 bis 2000 Metern und so wurde einiges an Niederschlag gebunden und nicht in die Bäche und Flüsse abgeführt. Im Sommermonat August 2002 lag die Schneefallgrenze bei teilweise über 3000 Metern und brachte zudem noch Schmelzwasseranteile mit ein.


    Bilanz

    Wir müssen an dieser Stelle noch mals betonen, wie wir es bereits nach der Flut im Jahr 2002 auch schon gesagt haben: Auch diese Rekordwasserstände werden noch nicht das Ende der Fahnenstange gewesen sein. Man muss sich entlang der Bäche und Flüsse auch in Zukunft immer wieder auf neue Rekordwasserstände einstellen. Einige Pegelanlagen wurden bei der letzten Flut überansprucht und sind ausgefallen. Pegelanlagen müssen daher noch wesentlich höher und somit ausfallsicher gebaut werden. So etwas sollte in Zukunft berücksichtigt werden. Zu Deichbrüchen kam es nur an alten Deichen. Die neuere Bauart hielt in den meisten Fällen stand.


    Hilfskräfte

    Die Bundeswehr hatte den größten Fluthilfeeinsatz in ihrer Geschichte. Bis zu 20.000 Soldaten waren im Einsatz, insgesamt gab es 13.000 einzelne Unterstützungsleistungen. Die Hubschrauber von Heer und Luftwaffe waren 1.400 Flugstunden in der Luft (in der Aufzählung fehlt die SeaKing der Marine, deshalb ist nicht klar, ob die Flugstunden mitgezählt sind), 60 Stunden lang flogen Seeaufklärer die Deiche ab (Quelle: Bundeswehr). Tausende amtliche und ehrenamtliche Helfer waren unermüdlich im Einsatz. Darunter zahlreiche Hilfsorganisationen, Maltheser Hilfsdienst, Deutsches Rotes Kreuz, Technisches Hilfswerk, Berufsfeuerwehren, freiwillige Wehren und viele andere mehr.

    Den finanziellen Schaden beziffert der Deutsche Bauernverband (DBV) auf mehr als 400 Millionen Euro deutschlandweit. Erschwerend kam hinzu, dass die Überflutungen vor der Haupterntezeit stattfanden. Im August 2002 war ein Teil der Ernte schon eingebracht.

    Insgesamt werden die Sachschäden auf mehrere Milliarden Euro geschätzt und standen zum Redaktionsstand dieses Berichtes noch nicht fest. Die Bundesregierung stellte rund 8 Milliarden Euro Soforthilfe zur Verfügung.


    Vorhersagbarkeit des Ereignisses

    Wie bereits weiter oben in diesem Artikel gezeigt (s. Abb. 3 und 4), zeigten u.a. zwei der führenden weltweiten Vorhersagemodelle bereits frühzeitig, dass sich eine markante Starkregenlage einstellen würde. Ab dem Morgen des 29. Mai traten die Meteorologen der Unwetterzentrale in die Vorwarnphase ein.

    Warnkarte der Unwetterzentrale vom 29.05.2013, 18:58 Uhr MESZ

    Abb. 11: Warnkarte der Unwetterzentrale vom 29.05.2013, 18:58 Uhr MESZ

    Die Warnkarte zeigt die flächendeckenden Vorwarnungen in der Südosthälfte Deutschlands vor starkem und ergiebigem Dauerregen. Nachfolgend ein Beispielwarntext aus den Alpen.

    Vorwarnung für Aschau im Chiemgau

    herausgegeben: 29.05.2013, 17:05 Uhr MESZ
    Gültigkeit: 30.05.2013, 14:00 Uhr bis 01.06.2013, 02:00 Uhr MESZ

    Ab Donnerstagmittag und -nachmittag zieht aus Tschechien und Österreich ein Gebiet mit starken Regenfällen durch. In wenigen Stunden sind dabei Regenmengen zwischen 20 und 40 Litern pro Quadratmeter möglich, vereinzelt auch darüber. Am Freitag regnet es länger andauernd mäßig bis stark weiter. Bis in die Nacht zu Samstag sind innerhalb von 36 Stunden Gesamtregensummen von 40 bis 60 Litern pro Quadratmeter möglich, unter Umständen können zumindest punktuell auch um 80 Liter pro Quadratmeter fallen. Bitte beachten Sie, dass dies eine Vorwarnung ist: Es kann noch zu Änderungen des Ablaufs und der Intensität der Regenfälle kommen! Vorabinformation: Auch am Samstag und Sonntag sind zeitweise ergiebige Regenfälle mit Hochwasserpotenzial möglich! Insgesamt sind in der Zeit von Donnerstagnachmittag bis zum Sonntagabend in der Summe 70 bis 100, örtlich auch bis zu 150 Liter pro Quadratmeter oder noch mehr nicht auszuschließen. Wir informieren rechtzeitig über die weitere Entwicklung!

    Nachfolgend können Sie sich anschauen, wie verschiedene Modelle die Situation am Morgen des 30. Mai zeigten, bevor die UWZ-Meteorologen in die Akutwarnphase eintraten.

    Vergleich Vorhersagemodelle vom 30.05.2013, 14 MESZ: 48stündige Niederschlagssummen bis 01.06.2013, 14 MESZ aus dem MeteoGroup-Redaktionssystem

    Abb. 12: Vergleich Vorhersagemodelle vom 30.05.2013, 14 MESZ: 48stündige Niederschlagssummen bis 01.06.2013, 14 MESZ aus dem MeteoGroup-Redaktionssystem

    Vergleich Vorhersagemodelle vom 30.05.2013, 08 MESZ: 90stündige Niederschlagssummen bis 02.06.2013, 20 MESZ aus dem MeteoGroup-Redaktionssystem

    Abb. 13: Vergleich Vorhersagemodelle vom 30.05.2013, 08 MESZ: 90stündige Niederschlagssummen bis 02.06.2013, 20 MESZ aus dem MeteoGroup-Redaktionssystem

    Akutwarnung ROT für Aschau im Chiemgau

    herausgegeben: 30.05.2013, 09:19 Uhr MESZ
    Gültigkeit: 30.05.2013, 14:00 Uhr bis 02.06.2013, 17:00 Uhr MESZ

    Schon am Donnerstag regnet es tagsüber zeitweise schauerartig verstärkt. Ab Donnerstagabend setzt aus Norden und Nordosten eine Nordstaulage ein. Es wird dann verbreitet länger anhaltend und stark regnen. Vor allem am Freitag und bis in die Nacht zum Samstag sind hohe Regensummen sehr wahrscheinlich. Auch am Samstag kann es, einigen Modellvorhersagen nach, noch längere Zeit ergiebig regnen. Es ist im Warnzeitraum mit Gesamtregenmengen von verbreitet 90 bis 130 Litern pro Quadratmeter zu rechnen. Aufgrund der unsicheren Wetterlage kann es auch noch deutlich höhere Mengen geben. Sollte sich dies abzeichnen, erfolgt umgehend eine Höherstufung dieser Warnung auf Warnstufe Violett (Warnstufe Violett = >150 Liter pro Quadratmeter in 48 Stunden).

    Warnkarte der Unwetterzentrale vom 31.05.2013, 20:56 Uhr MESZ

    Abb. 14: Warnkarte der Unwetterzentrale vom 31.05.2013, 20:56 Uhr MESZ

    Akutwarnung VIOLETT für Aschau im Chiemgau

    herausgegeben: 31.05.2013, 09:12 Uhr MESZ
    Gültigkeit: 31.05.2013, 9:15 Uhr bis 02.06.2013, 20:00 Uhr MESZ

    Es ziehen mehrere Starkregengebiete durch. Nach kurzzeitigen Schwächephasen kann immer wieder heftiger Regen länger anhalten. Es ist insgesamt während des Warnzeitraumes mit Regensummen von 100 bis 150 Litern zu rechnen, stellenweise in prädestinierten Nordstaulagen können um 200 Liter Regen auf den Quadratmeter nicht ausgeschlossen werden. Der Höhepunkt der Starkregenphase ist voraussichtlich bis Sonntagmittag erreicht, danach klingt der Regen ab. Am Montag ziehen letzte Regenwolken am Alpenrand ab, bis mindestens Mittwoch sind dann keine abflussrelevanten Regenfälle mehr in Sicht. Danach setzt wieder Schauer- und Gewittertätigkeit ein. Sollten sich räumliche, zeitliche Änderungen oder sich deutlich ändernde Intensitäten ergeben, informieren wir Sie umgehend.

    Aktualisierung VIOLETT für Aschau im Chiemgau

    herausgegeben: 02.06.2013, 10:59 Uhr MESZ
    Gültigkeit: 02.06.2013, 11:00 Uhr bis 03.06.2013, 17:00 Uhr MESZ

    Aktualisierung: Am Sonntag und Montag regnet es weiterhin länger andauernd und ergiebig, zeitweise auch schauerartig verstärkt. Der stärkste Regen fällt dabei bis in die Nacht zum Montag hinein. Von Montag früh bis Montagnachmittag regnet es leicht bis mäßig, aber dennoch weiterhin länger andauernd. In den vergangenen 75 Stunden (seit Donnerstag früh) sind bereits verbreitet 200 bis 300 Liter pro Quadratmeter gefallen, stellenweise auch bis zu 320 Liter. Bis zum Montagnachmittag kommen noch einmal verbreitet 40 bis 60 Liter pro Quadratmeter zusammen, stellenweise auch über 70 Liter. Montagnachmittag und -abend klingt der Regen ab.

    Warnkarte der Unwetterzentrale vom 02.06.2013, 13:46 Uhr MESZ

    Abb. 15: Warnkarte der Unwetterzentrale vom 02.06.2013, 13:46 Uhr MESZ

    Bei einem solchen mehrtägigen Starkregenereignis bringt es nichts, eine Warnung drei oder vier Tage lang einfach durchlaufen zu lassen. Da es sich um mehrere Starkregengebiete handelte, die teilweise unterschiedliche Zugbahnen nahmen und infolgedessen in unterschiedlichen Regionen den meisten Regen brachten, mussten sich die UWZ-Meteorologen herantasten. Abb. 13 zeigt sehr schön, wie sprunghaft die Modelle am 30. Mai den stärksten Regen berechneten. Hätten die Warnmeteorologen hier schon Tage zuvor z.B. flächendeckender Violettwarnungen herausgegeben, hätte das für einige Regionen zu einer Überwarnung geführt.

    Da die hochaufgelösten Lokalmodelle bis zu 48 Stunden im Voraus Berechnungen liefern und regionale Gegebenheiten besser auflösen, war es wichtig und richtig, bestehende Warnungen zu aktualisieren und auf die neuesten Entwicklungen einzugehen. So mussten am 2. Juni unter anderem die Violettwarnungen am Alpenrand aktualisiert werden und auch in Sachsen wurden bestehende Rotwarnungen auf die höchste Warnstufe Violett angehoben. Aus Sicht der Unwetterzentrale war es in Summe das heftigste Starkregenereignis seit ihrer Gründung 2003.



    Diese Zusammenstellung wurde von Andreas Wagner (Meteorologe und Hydrologe) und Stefan Laps (Meteorologe) in der Unwetterzentrale Deutschland, im Juni 2013 erstellt.

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