Orkantief und Ex-Hurrikan KATIA

niedrigster Kerndruck im nordatlantisch-europäischen Raum

  • 954 hPa
  • 10.09.2011, 14 UTC, Nordatlantik, südöstlich von Neufundland


Einflusszeitraum in Mitteleuropa

  • 12.09.2011 bis 15.09.2011


Auswahl Spitzenwindböen über 75 km/h (Bergland, Inseln oder Küste)

  • 130 km/h - Brocken
  • 107 km/h - Helgoland-Oberland
  • 104 km/h - Borkum (MM)
  • 100 km/h - Hörnum/Sylt
  •   98 km/h - Hiddensee-Dornbusch


Auswahl Spitzenwindböen über 75 km/h (Flachland)

  •   94 km/h - Bad Harzburg-Burgberg
  •   91 km/h - Glücksburg-Meierwik
  •   80 km/h - Aachen-Orsbach
  •   78 km/h - Emstek, Oerlinghausen
  •   76 km/h - Eschweiler, Bielefeld, Itzehoe, Schleswig/Jagel



Der Weg des Hurrikans KATIA zum außertropischen Sturm- bzw. Orkantief

KATIA entstand aus einer sogenannten tropischen Welle heraus, die sich um den 27.08.2011 von Westafrika auf den Ostatlantik hinaus verlagerte. Am 30.08.2011 um 11 Uhr MESZ wurde KATIA als 11. Tropischer Sturm der nordatlantischen Hurrikansaison eingestuft. KATIA zog unter Verstärkung west- bis nordwestwärts weiter. Am 01.09.2011 um 05 Uhr MESZ erhielt KATIA erstmals den Hurrikanstatus der Kategorie 1.

Nach einer kurzen Abschwächung durch starke Höhenwinde zu einem Tropischen Sturm wurde KATIA am 05.09.2011 zu einem starken Hurrikan: Am 06.09.2011 um 05 Uhr MESZ erreichte der Sturm kurzzeitig die zweithöchste Kategorie 4 mit mittleren Windgeschwindigkeiten bis etwa 215 km/h und Spitzenböen bis etwa 260 km/h. Der Kerndruck wurde zu diesem Termin auf etwa 946 hPa geschätzt.

Exkurs - Einordnung von Luftdruckwerten

Der niedrigste Luftdruckwert in einem Hurrikan wurde 2005 bei Hurrikan WILMA mit 882 hPa aus verschiedenen Messdaten innerhalb des Hurrikans geschätzt. Den Weltrekord hält jedoch immer noch der Taifun TIP im Nordwestpazifik mit 870 hPa vom 12.10.1979. In Europa werden die niedrigsten Luftdruckwerte innerhalb von Sturm- oder Orkantiefs über dem Nordostatlantik gemessen. Der Rekord liegt hier etwa bei 912 hPa, welcher am 10.01.1993 zwischen Island und Schottland registriert wurde.

Es kommt bei der Intensität eines Sturmes jedoch nicht auf den niedrigstmöglichen Luftdruckwert an, sondern einzig und allein darauf, wie groß die Luftdruckunterschiede auf engem Raum ausgeprägt sind, die ausgeglichen werden müssen. So wurden beispielsweise bei Weihnachtsorkan LOTHAR am 26.12.1999 lediglich 961 hPa Kerndruck gemessen, die Druckunterschiede waren jedoch so enorm ausgeprägt, dass es im süddeutschen Flachland zu Orkanböen bis 180 km/h im Flachland (Karlsruhe) und bis 272 km/h im Bergland (Hohentwiel) kam.

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Zugbahn von Hurrikan bzw. Ex-Hurrikan KATIA
Abb. 1: Zugbahn von Hurrikan bzw. Ex-Hurrikan KATIA vom 05.09., 02 Uhr MESZ bis 14.09., 02 Uhr MESZ in 24 Stunden-Schritten

Wie Sie der obigen Animation entnehmen können, zog der Hurrikan südlich an Bermuda vorbei, drehte dann zwischen Bermuda und der Ostküste der Vereinigten Staaten von Amerika nach Norden bis Nordosten ein und zog auf den offenen Atlantik hinaus. Land war dabei zu keiner Zeit bedroht. Bis zum 10.09.2011 um 20 Uhr MESZ wandelte sich der Hurrikan in ein außertropisches Sturm- bzw. Orkantief, Ex-KATIA, um. Im Folgenden wurde der Ex-Hurrikan in die nordatlantische Westwinddrift einbezogen und verlagerte sich rasch am Nordrand eines umfangreichen Azorenhochs vorbei in Richtung Britische Inseln, wie die nachfolgende Animation genauer zeigt:

Zugbahn von Ex-KATIA
Abb. 2: Zugbahn von Ex-Hurrikan KATIA vom 11.09., 02 Uhr MESZ bis 13.09., 14 Uhr MESZ in 6 Stunden-Schritten

Im Laufe des Montages, den 12.09.2011 erreichte das Sturmfeld von Ex-KATIA schwerpunktmäßig Irland und die Britischen Inseln und streifte in abgeschwächter Form Nordfrankreich, die Benelux-Länder, den Nordwesten Deutschlands, Dänemark und Südskandinavien. Schottland traf es hierbei am heftigsten: Hier wurden Orkanböen bis 146 km/h in Cairnwell auf 933 m gemessen. 157 km/h wurden sogar auf dem 1245 m hohen Cairngorm registriert, aber auch weiter unten gab es noch Orkanböen bis 139 km/h wie z.B. in Glen Ogle auf 564 m.

Im mittleren England wurden verbreitet schwere Sturmböen von 90 bis 100, gebietsweise auch orkanartige Böen bis etwa 115 km/h gemessen. An der dänischen Nordseeküste reichte es ebenfalls für orkanartige Spitzenböen von bis zu 109 km/h wie z.B. in Hanstholm oder 106 km/h in Hirtshals am Skagerrak.

Am 13.09.2011 erreichte Ex-KATIA unter Abschwächung Skandinavien und löste sich in den Folgetagen über Finnland langsam auf.


Schlussbetrachtung von Ex-KATIA

Es kommt häufig vor, dass ein Hurrikan unter Abschwächung zu einem außertropischen Sturmtief über die Nordseite eines Azorenhochs in die nordatlantische Westdrift einbezogen wird und nachfolgend das Wetter in Mitteleuropa bestimmt. Derartige Phänomene sind nahezu jedes Jahr im Spätsommer bzw. Frühherbst zu beobachten. Nicht selten sorgen Ex-Hurrikantiefs aber auch für einen ruhigen und warmen Altweibersommer bei uns, nämlich dann, wenn sie sich z.B. im Raum Island einnisten und durch vorderseitige Warmluftzufuhr ein Hochdruckgebiet über Mitteleuropa stützen.


Diese Zusammenstellung wurde von Stefan Laps und Thomas Sävert, Meteorologen der MeteoGroup Unwetterzentrale, im September 2011 erstellt.

 

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