Extremfrostwetterlage im Januar 2009

Die Wintersaison 2008/2009 ließ sich bereits im November und Dezember schon recht gut an. Wenngleich die Weihnachtsfeiertage in den Tieflagen unterhalb von 700 Metern Höhe weitgehend schneefrei gewesen sind, so konnten jedoch schon ab dem 21.11.2008 zeit- und gebietsweise winterliche Szenarien in weiten Teilen Deutschlands beobachtet werden. Bereits am 22.11.2008 verzeichneten wir auch im Flachland eine geschlossene Schneedecke. Bis Anfang Dezember blieb es in höheren Lagen oberhalb von etwa 400 bis 500 Metern winterlich, in den nördlichen Mittelgebirgen oberhalb von etwa 700 bis 800 Metern summierten sich die Schneefälle auf eine Gesamtschneehöhe von 50 bis 80 Zentimeter.

Bis zum dritten Adventswochenende 2008 war es vor allem im Osten, der Mitte und im Süden Deutschlands zwischenzeitlich immer mal wieder winterlich mit Schneefällen bis in die Niederungen. Kurz vor Weihnachten brachte ein kräftiges Tief jedoch starkes Tauwetter mit Regen und milder Atlantikluft. An dieser Stelle sei noch auf unseren Beitrag zum Thema Weihnachtstauwetter in unserer Rubrik Spezielle Wetterlagen hingewiesen.

Über die Weihnachtsfeiertage etablierte sich dann ein kräftiges Hochdruckgebiet über weiten Teilen Mitteleuropas. Es blockte alle atlantischen Tiefausläufer von uns ab. Gleichfalls wird in solch kräftigen Hochdruckzonen in den Wintermonaten Kaltluft produziert. Durch absinkende Luftmassen aus der Höhe wird die Luft trocken und kann sich stark abkühlen. Besonders in tieferen Luftschichten der Troposphäre entwickelt sich dann ein Kaltluftpolster, während es in höheren Lagen deutlich milder ist. Diese sogenannten Inversionswetterlagen sind häufig in den Wintermonaten anzutreffen, wenn sich hoher Luftdruck ausweitet. Wie Sie der nachfolgenden Animation der europäischen Großwetterlage entnehmen können, sind solche Hochdruckgebiete zwar recht langlebig, dennoch können sie ihre Position relativ rasch verändern. So entscheidet die Lage eines Hochs, ob wir im Einflussbereich von kalter oder milder Luft liegen.

Animation des Bodenluftdruckes
Abb. 1: Animation des Bodenluftdruckes vom 24.12.2008 bis zum 21.01.2009

Durch leichten bis mäßigen, örtlich bereits starken Nachtfrost konnte der Frost bis zu 20 Zentimeter tief in die Böden eindringen.
Zum Jahreswechsel verlagerte sich das unser Wetter bestimmende Hochdruckgebiet nach Südosten, gleichfalls entwickelte sich im Raum Grönland/Island eine neue Hochdruckzone. Zwischen ihr und einem kräftigen Tiefdruckgebiet über Nordostskandinavien und Russland wurde dann der Weg frei für hochreichend kalte Luft aus der Polarregion.

Am 03.01.2009 bildete sich über Südnorwegen ein Tiefdruckgebiet. Es verlagerte sich am 04.01.2009 rasch über Polen hinweg nach Südosten. Hinter dem Tief konnte sehr kalte Luft nach Deutschland wehen. Im Übergangsbereich der deutlich kälteren Luftmassen bildete sich eine ausgedehnte Schneefallzone. Sie brachte den Gebieten von Nordrhein-Westfalen bis nach Brandenburg und Sachsen eine geschlossene Schneedecke. Beispielsweise wurden selbst im relativ schneearmen Ruhrgebiet zwischen 17 Zentimeter in Essen und bis zu 21 Zentimeter in Bochum gemessen. In Sachsen wurden verbreitet 15 bis 25 Zentimeter Neuschnee gemessen, im Raum Chemnitz bis zu 38 Zentimeter.

Auswahl von Neuschneehöhen vom 06.01.2009 um 7 Uhr MEZ
Abb. 2: Auswahl von Neuschneehöhen vom 06.01.2009 um 7 Uhr MEZ

Auswahl von Tiefsttemperaturen vom 06.01.2009 bis 7 Uhr MEZ
Abb. 3: Auswahl von Tiefsttemperaturen vom 06.01.2009 bis 7 Uhr MEZ

Die Nacht zum 06.01.2009 war vielfach klar und in der trocken-kalten Polarluft konnte sich die Luft extrem stark abkühlen. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich Luftmassen bei schwachem Wind besonders über frisch gefallenem Schnee extrem abkühlen können. So wird vorhandene Restwärme ungehindert in den Weltraum abgestrahlt und die Schneedecke lässt außerdem keinen Wärmestrom aus dem Boden an die Umgebung zu. Da es in weiten Landesteilen aufklarte, der Wind einschlief und eine dicke Schneedecke lag, waren in der eingeflossenen Artikluft ideale Bedingungen für Extremfrost gegeben.

Bereits am 06.01.2009 tagsüber zeichnete sich in der klaren eisigen Polarluft über der verschneiten Landschaft eine nachfolgend noch kältere Nacht ab. Selbst tagsüber verharrten bei strahlendem Sonnenschein und leichtem Nordostwind in der Mitte Deutschlands die Höchsttemperaturen vielfach bei -5 bis -10°C. In Teilen Sachsens stieg die Temperatur nicht über -15°C an, im Raum Torgau meldete die Wetterstation Klitzschen bei Torgau einen Tageshöchstwert von -16,8°C. In Zörbig-Mösslitz wurden sogar nur -17,8°C als Höchsttemperatur gemessen. Nach Sonnenuntergang kühlte sich die Luft extrem schnell und stark ab. Schon am Abend sanken die Temperaturen bei klarem Himmel vielfach auf -10 bis -20 Grad ab. Bis zum frühen Morgen des 07.01.2009 wurden dann Tiefstwerte bis unter -25°C registriert.

Auswahl von Tiefsttemperaturen vom 07.01.2009 bis 7 Uhr MEZ
Abb. 4: Auswahl von Tiefsttemperaturen vom 07.01.2009 bis 7 Uhr MEZ

Die Tiefsttemperaturen in 2 m Höhe (Luft) bis 07.01.2009, 7 Uhr MEZ

  • -29,1°C - Oderwitz/Dorf
  • -27,7°C - Dippoldiswalde-Reinberg (Sachsen)
  • -27,5°C - Altenburg (Thüringen)
  • -27,5°C - Sohland/Spree (Sachsen)
  • -27,1°C - Rochlitz (Sachsen)
  • -26,5°C - Lippstadt-Boekenfoerde (NRW)
  • -26,5°C - Koethen (Sachsen-Anhalt)
  • -26,2°C - Oschatz (Sachsen)
  • -26,1°C - Baruth (Brandenburg)
  • -25,9°C - Langenlipsdorf (Brandenburg)
  • -25,7°C - Halle-Trotha (Sachsen-Anhalt)
  • -25,2°C - Holzdorf (Sachsen-Anhalt)
  • -25,2°C - Garsebach b. Meissen (Sachsen)
  • -25,2°C - Zoerbig-Moesslitz (Sachsen-Anhalt)
  • -25,1°C - Luebben-Blumenfelde (Brandenburg)
  • -25,0°C - Dahme/Mark (Brandenburg)
  • -24,9°C - Eslohe (NRW)
  • -24,9°C - Pirna (Sachsen)
  • -24,9°C - Bad Lausick (Sachsen)
  • -24,9°C - Neukirchen/Erzgebirge (Sachsen)


Direkt über dem Schnee konnte die Luft noch stärker auskühlen. So wurden vielfach in 5 cm Höhe über der Schneedecke -25 bis -30, vereinzelt -31°C gemessen.

Die Tiefsttemperaturen in 5 cm Höhe (Boden) bis 07.01.2009, 7 Uhr MEZ

  • -31.0°C - Sohland/Spree (Sachsen)
  • -31.0°C - Arnsberg-Neheim (NRW)
  • -31.0°C - Holzdorf (Sachsen-Anhalt)
  • -31.0°C - Dippoldiswalde-Reinberg (Sachsen)
  • -31.0°C - Gera (Thüringen)
  • -30.0°C - Funtensee (Bayern)
  • -30.0°C - Eslohe (NRW)
  • -30.0°C - Dresden-Hosterwitz (Sachsen)
  • -30.0°C - Halle-Trotha (Sachsen-Anhalt)
  • -30.0°C - Bad Lippspringe (NRW)


Bis zum 16.01.2009 herrschte in der Mitte und im Süden vielfach strenger bis sehr strenger Frost. Sie sehen nachfolgend eine Auswahl von Tiefstwerten in einer Animation vom 25.12.2008. bis zum 17.01.2009:

Animation von ausgewählten Tiefsttemperaturen
Abb. 5: Animation von ausgewählten Tiefsttemperaturen vom 25.12.2008 bis zum 17.01.2009

Die Auswirkungen dieser Extremfrostlage waren vielfältig.
Vor allem auf den Straßen- und Schienen kam es zu Behinderungen durch Eis und Schnee. Temperaturen von teilweise unter -20°C führten in Berlin und Brandenburg am Mittwochmorgen zu erheblichen Beeinträchtigungen des Regional- und S-Bahn-Verkehrs. Grund dafür waren nach Angaben der Bahn eingefrorene Türen, Fahrzeugteile und Weichen. Einschränkungen machten sich jedoch auch im Flugverkehr und bei der Schifffahrt bemerkbar. Der Extremfrost machte der Elektronik bei Straßenbahnen und PKW zu schaffen, auf den Flughäfen sorgten vereiste Landebahnen und langwieriges Enteisen der Flugzeuge für zahlreiche Verspätungen.

Auf einigen Kanälen und Flüssen bildete sich Rand- und Treibeis, zahlreiche Häfen hatten mit Eisschollen zu kämpfen, u.a. kam es auf dem Main-Donaukanal und der Elbe zu Behinderungen für die Schifffahrt und auf der Lahn und der Mosel ruhte die Schifffahrt sogar gänzlich. Ebenso musste auf der Donau in einigen Stromabschnitten für mehrere Wochen der Schiffsverkehr wegen geschlossener Eisdecken oder zugefrorenen Schleusen ruhen. Zudem waren viele Binnenseen zugefroren.

In einigen Städten sorgten Wasserrohrbrüche für Einschränkungen in der Wasserversorgung. Der Energiebedarf, besonders bei Gas, erhöhte sich um bis zu 50 Prozent. Straßenschäden vermehrten sich durch der Frost der bis rund einen halben Meter in die Böden eindringen konnte.

Zur Vorhersagbarkeit dieser Extremfrostlage
Die Entwicklung der Großwetterlage war sehr gut vorhersagbar. Entsprechende Hinweise auf die Frostperiode sind im Warnlagebericht der MeteoGroup Unwetterzentrale bereits eine Woche zuvor verbreitet worden. Wiederholt warnte die UWZ vor Extremfrost von unter -10°C, am 04. und 05.01.2009 wurde in den betroffenen Gebieten vor Frost unter -15°C gewarnt und am 06.01.2009 wurden für Teile Sachsens Warnungen für Tiefstwerte unter -25°C ausgegeben.

Allen Unkenrufen zum Trotz zeigt der Winter 2008/2009, dass es bei allen Diskussionen um die Klimaerwärmung und etlicher unseriöser Horrorszenarien unser Klima betreffend, auch im 21. Jahrhundert noch kalte und zugleich schneereiche Winter geben kann und folglich auch geben wird. Der Winter 2008/2009 war im Durchschnitt der Jahre 1960 bis 1990 geringfügig zu kalt ausgefallen. Selbst Ende März 2009 wurden in vielen Mittelgebirgen noch immer beachtliche Schneehöhen gemessen. So meldete der Kahle Asten im Hochsauerland am 20.03.2009 noch 64 cm (durchgehend geschlossene Schneedecke seit 21.11.2008!), die Schmücke im Thüringer Wald 93 cm,  der Feldberg im Schwarzwald 142 cm, der Brocken im Harz 168 cm, der Fichtelberg im Erzgebirge 169 cm, der Große Arber im Bayerischen Wald 210 cm, der Wendelstein 300 cm Schnee und die Zugspitze 440 cm.

Zum Schluss möchten wir Ihnen noch eine Animation der Auswahl von Schneehöhen der Wintersaison 2008/2009 darbieten:

Animation von ausgewählten Neuschneehöhen Wintersaison 2008/2009
Abb. 6: Animation von ausgewählten Neuschneehöhen vom 20.12.2008 bis zum 20.03.2009

Diese Zusammenstellung wurde von Andreas Wagner und Stefan Laps, Meteorologen der Unwetterzentrale, im März 2009 erstellt.

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