Witterungsregelfälle/Singularitäten: Eisheilige und Schafskälte
Mit den Eisheiligen sind Kaltlufteinbrüche in Mitteleuropa in Verbindung zu bringen. Sie bringen Mitte Mai oft noch Nachtfröste und können je nach Intensität ihres Auftretens in der Landwirtschaft zu schweren Ernteausfällen durch Minustemperaturen führen. Besonders kritisch wird dies immer dann, wenn es zuvor bereits sehr mild war und der Flora bereits große Fortschritte in der Entwicklung widerfahren sind. Dann kann es leicht zu Schäden durch Frost kommen.
Je nach Region werden die "Eisheiligen" Pankratius, Servatius und Bonifatius auch "die drei Gestrengen", "Eismänner" oder "gestrenge Herren" genannt. Mamertus 11. Mai, Pankratius 12. Mai, Servatius 13. Mai, Bonifatius 14. Mai und die Kalte Sophie am 15. Mai sind die Stichtage für alle Hobbygärtner und Landwirtschaftsbetreibende, wenn es darum geht, das Ende der frostanfälligen Jahreszeit zu definieren. Es muss ergänzend gesagt werden, dass in Norddeutschland Mamertus (11. Mai) als erster Eisheiliger gilt, in Süddeutschland hingegen Pankratius (12. Mai). Dieser Umstand kann mit dem allmählichen Vorrücken der Kaltluft von Norden her erklärt werden.
Bei allen genannten Lostagen ist allerdings die gregorianische Kalenderreform von Papst Gregor den XIII aus dem Jahr 1582 zu berücksichtigen. Dadurch verschieben sich die Daten der genannten Lostage somit um 11 Tage nach vorne. In den nichtkatholischen Gebieten Nord- und Mitteleuropas wurde aber erst bis zum Jahre 1752 flächendeckend auf die neue Zeitrechnung umgestellt. In England wurde dabei beispielsweise der September 1752 um 11 Tage verkürzt. Da u.a. die Eisheiligen im Kalender allerdings unverändert stehen geblieben sind, finden sie nach dem alten, sprich julianischen Kalender, also eigentlich auch erst 11 bis 12 Tage später statt, sprich vom 23. bis zum 27. Mai. Diese Überlegung trifft wiederum nur zu, wenn die Regel vor Einführung der Kalenderreform aufgestellt wurde. Wetterstatistisch gesehen sind die Tage mit häufiger Nord- bzw. Nordostwetterlage, die Kaltluft bringen, etwa vom 21. bis zum 23. Mai.
Die folgende Grafik zeigt, was in der mitteleuropäischen Großwetterlage Anfang und/oder Mitte Mai geschieht.
Jahreszeitlich bedingt erwärmt sich durch den um diese Jahreszeit bereits beachtlich hohen Sonnenstand das Festland schneller, als die noch kalten Wassermassen der Meere. Dies liegt an der höheren spezifischen Wärmekapazität von Wasser, wodurch sich seine Temperaturentwicklung (hier: Erwärmung im Frühjahr und Sommer) stark verzögert.
So kommt es zur Bildung von Tiefdruckgebieten, welche im Übergangsbereich der sich aufbauenden Temperaturdifferenzen zwischen Meer und Festland entstehen. Auf der Ostseite der Tiefs wird die warme Festlandsluft weit nach Norden geführt und als Ausgleich strömen auf der Westseite der Tiefdruckgebiete kalte Luftmassen aus der Polarregion nicht selten bis hinunter ins Mittelmeer. Sie können hierzulande dann gebietweise zu leichtem bis mäßigem Nachtfrost führen, der besonders dann auftritt, wenn der Wind in den Nächten nur schwach und der Himmel klar ist.
Die Eisheiligen können aber auch noch auf eine dynamischere Art und Weise entstehen: Auf der Rückseite eines nach Osteuropa abziehenden Tiefdruckgebietes kann mit Winddrehung auf nördliche bis nordöstliche Richtungen aus Skandinavien trockenkalte Luft nach Deutschland strömen. Gelangt diese unter Hochdruckeinfluss kann sich die Luft in klaren Nächten stark abkühlen und vor allem in geschützten Lagen kann sich Frost einstellen.
Für den Zeitraum 11. bis 15. Mai hat sich in den vergangenen Jahrhunderten der Begriff "Eisheilige" durchgesetzt, Kaltluftvorstöße können aber auch davor oder danach auftreten. So zum Beispiel auch bei der sogenannten "Schafskälte" Anfang Juni. Die Schafe sind zum Zeitpunkt dieses Kältevorstoßes bereits geschoren, daher trägt diese Singularität wiederum ihren Namen.
Nachfolgend eine Auswahl von Messwerten zur gemessenen Erdbodentemperatur in fünf Zentimetern Messhöhe vom 15.05.1995:
Zuletzt kam es zu nennenswertem Luftfrost an einem 15. Mai im Jahre 2006. Da wurden im Norden und Nordosten Deutschlands in einigen Orten Tiefsttemperaturen der Luft zwischen 0 und -1 Grad Celsius gemessen, am Erdboden kam es in der gesamten Nordosthälfte verbreitet zu -1 bis -3 Grad Celsius. Im Jahr 2005 wurde am 13.05. ebenfalls in der Nordosthälfte verbreitet leichter Luftfrost um -1 Grad gemessen, am Erdboden war es mit Ausnahme des Westens und Südwestens verbreitet frostig.
Erst 1995 wurde zur Kalten Sophie wieder verbreitet nennenswerter Luftfrost registriert und am Erdboden waren -2 bis -5 Grad keine Seltenheit. Besonders mild sind die Eisheiligen in den Jahren 1996 bis 2003 ausgefallen.
Schafskälte
Auch die so genannte Schafskälte tritt sehr häufig und regelmäßig in Deutschland auf. Bevorzugt in der ersten Junihälfte tritt oftmals ein markanter Temperaturrückgang ein, wenn Tiefdruckgebiete über Nord- und/oder Osteuropa gelegen sehr kühle Luftmassen arktischen Ursprungs nach Mitteleuropa und besonders nach Deutschland lenken. Dann sind wenig sommerliche Tagestemperaturen von gebietsweise nur 13 bis 19 Grad an der Tagesordnung und windiges sowie kühles Schauerwetter kann die Szenerie bestimmen. Besonders nachts kühlt es sich dann bei längerem Aufklaren und schwachen Winden nicht selten auf einstellige Tiefstwerte ab. In besonders ungünstigen Tal- und Muldenlagen sind sogar leichte Minusgrade möglich und vor allem Bodenfrost ist dann in weiten Teilen Deutschlands möglich.
Die Schafskälte hat ihren Namen daher bekommen, weil um diese Jahreszeit die Schafe bereits geschoren sind und dann "frieren" können.
Navigation
ANZEIGE