Orkantief EMMA - 29.02.2008 bis 01.03.2008 - Der schwerste flächendeckende Sturm seit Orkan KYRILL (Januar 2007)
Wetterlage
Nach einer längeren Phase antizyklonal geprägten Wetters in Mitteleuropa verlagerte sich das dafür verantwortliche Hoch FRIEDRICH im letzten Drittel des Februars 2008 unter Abschwächung zunehmend in den Mittelmeerraum. Damit konnten Tiefausläufer das Wetter vor allem in der Nordhälfte des Landes bestimmen und es stellte sich eine kräftige Westwetterlage ein.
In den letzten Tagen des Februars zog dann im Bereich des Jetstreams das kräftige Tief EMMA von Nordamerika kommend ostwärts über den Nordatlantik und erreichte am 01.03.2008 den Ostseeraum (Abb. 1). Begünstigt durch die Lage im Jetstream war die Verlagerungsgeschwindigkeit dabei sehr groß: In nur drei Tagen wurde der Nordatlantik überquert, denn die Windgeschwindigkeiten im Jetstream betrugen bis zu 260 Kilometer pro Stunde (Abb. 2).
Abb. 1: Entwicklung des Bodendrucks (weiße Isobaren) und der Höhe des 500 hPa-Niveaus (Farbflächen) vom 28.02.2008, 13 Uhr bis zu 02.03.2008, 04 Uhr MEZ. Tief EMMA verlagerte sich von Nordamerika kommend rasch über den Nordatlantik hinweg.
Abb. 2: Lage und Ausprägung des Jetstreams (Farbflächen) und der Höhe des 500 hPa-Niveau (weiße Isohypsen) vom 29.02.2008, 01 Uhr bis zum 02.03.2008, 19 Uhr MEZ.
Währenddessen verstärkte sich EMMA zu einem Orkantief. Am 28.02. betrug der Kerndruck des Tiefs um 1 Uhr vor der kanadischen Küste 987 hPa. 24 Stunden später hatte sich der Schwerpunkt des Tiefs bereits auf den freien Atlantik südwestlich von Island verlagert. Der Kerndruck war hier bereits auf 969 hPa gesunken. Am 29.02.2008, 13 Uhr hatte der Kern mit einem Druck von 962 hPa bereits die Faröer-Inseln erreicht.
In der Folge bildete das Tief zwei Kerne aus. Während einer vor der norwegischen Küste liegen blieb, verlagerte sich der zweite Kern über die südliche Spitze Norwegens hinweg bis in den Ostseeraum und weiter ins Baltikum.
Situation in Deutschland
Vor dem eigentlichen, vom Orkantief EMMA ausgelösten Unwetterereignis wurde die Mitte Deutschlands bereits in der Nacht zum 29.02.2008 und am Morgen von einem kleinen Randtief überquert. Mit ihm frischte der Wind in einigen südlichen Mittelgebirgen deutlich auf (im Hochschwarzwald wurden auf dem Feldberg Spitzenböen von 100 km/h gemessen). Vor allem in den Staulagen von Spessart und Odenwald wurden von der Unwetterzentrale Deutschland Warnungen vor Starkregen ausgegeben, die höchste Regenmenge meldete die Station Lautertal im Odenwald mit 39,7 Litern pro Quadratmeter, gemessen zwischen 22 Uhr am 28.02.2008 und 13 Uhr am folgenden Tag.
Zum Abend des 29.02.2008 erreichte EMMA den Nordseeraum. Die genaue Lage des Tiefs sowie die seiner Ausläufer sind in der Bodendruck- und Frontenanalyse vom 01.03.2008, 1 Uhr zu entnehmen (Abb. 3).
Abb. 3: Analyse von Bodendruck und Luftmassengrenzen 01.03.2008, 1 Uhr MEZ
Im Verlauf des 29.02.2008 und in der Nacht zum 01.03.2008 wurde sehr labile Höhenkaltluft vor allem in die Nordhälfte Deutschlands gelenkt, welche den vertikalen Temperaturgradienten in der Troposphäre massiv verstärkte. In einer Höhe von etwa 5.200 Metern ging die Temperatur von anfänglich etwa -20 bis auf etwa -30 Grad Celsius zurück (Abb. 4). Durch die labilen Bedingungen haben die Meteorologen der Unwetterzentrale massive konvektive Ereignisse erwartet, wobei in Böen vertikaler Impulstransport aus großer Höhe absehbar war. Die enorm ausgeprägte Scherung begünstigte dabei das Entstehen einer Gewitterlinie (Squalline) im Bereich des durchziehenden Tiefausläufers (Abb. 5).
Abb. 4: Entwicklung der Temperatur (Farbflächen) und der Höhe des 500 hPa-Niveaus (weiße Isohypsen) vom 29.02.2008, 22 Uhr bis zum 01.03.2008, 22 Uhr MEZ. In der Nacht zum 01.03.2008 wurden von EMMA hochreichend labile Kaltluftmassen nach Mitteleuropa gelenkt.
Abb. 5: Entwicklung von Geschwindigkeits- und Richtungsscherung des Windes über unterschiedliche Druckniveaus; 29.02.2008, 13 Uhr bis 02.03.2008, 19 Uhr MEZ.
Bereits vor dem Tiefausläufer breitete sich ab dem Abend des 29.02.2008 ein kräftiges Regengebiet von Nordwesten her auf weite Teile Deutschlands aus (Abb. 8). In einem Zeitraum von 24 Stunden vom 29.02.2008 13 Uhr bis zum 01.03.2008 13 Uhr MEZ fielen dabei gebietsweise 20 bis 30 Liter Regen pro Quadratmeter. Vor allem in den Staulagen der Mittelgebirge kamen teils auch deutlich über 50 Liter zusammen (Abb. 6 Niederschlagssummenkarte).
Abb. 6: Karte mit den 24stündigen Niederschlagssummen im Zeitraum vom 29.02.2008, 13 Uhr MEZ bis zum 01.03.2008, 13 Uhr MEZ.
Messwerte: 24stündige Niederschlagsmengen
Zeitraum 29.02.2008, 13 Uhr MEZ bis zum 01.03.2008, 13 Uhr MEZ
Quelle: Auswahl Messnetze MeteoGroup, DWD
- 76,7 l/m² - Haidmühle
- 69,7 l/m² - Torfhaus/Harz
- 67,2 l/m² - Kirchberg/Niederbayern-Zell
- 65,2 l/m² - Sonnen
- 60,0 l/m² - Bad Rippoldsau
- 57,5 l/m² - Saldenburg-Entschenreuth
- 55,7 l/m² - Freudenstadt-Marktplatz
- 54,1 l/m² - Beerfelden
- 53,0 l/m² - Schierke/Harz
- 52,3 l/m² - Teuschnitz
- 52,1 l/m² - Höchenschwand
- 51,5 l/m² - Meinerzhagen-Redlendorf
- 51,3 l/m² - Grainet-Rehberg
- 50,7 l/m² - Waldkirchen/Bayern
Zum Abend des 29.02.2008 nahm der Wind von Nordwesten her durch die zunehmende Nähe zum Tief in allen Höhenschichten der Troposphäre deutlich zu (Abb. 7). Bereits um 20 Uhr MEZ wurde an der MeteoGroup-Wetterstation auf Borkum eine erste schwere Sturmbö von 93 km/h gemessen. Bis Mitternacht (01.03.2008) sind auf dem Brockenplateau bereits Orkanböen um 130 km/h und auf dem Weinbiet in Rheinland-Pfalz 119 km/h aufgetreten. In der gesamten Westhälfte wurden bereits bis ins Flachland herab Sturmböen gemessen.
Abb. 7: Entwicklung des Mittelwindes in Richtung und Stärke (Farbflächen) sowie der Höhe des 850 hPa-Niveaus (weiße Isohypsen) vom 29.02.2008, 22 Uhr bis zum 01.03.2008, 22 Uhr MEZ.
Erwartungsgemäß bildete sich mit Herannahen des Tiefausläufers gegen Mitternacht des 01.03.2008 eine Gewitterlinie vor der holländischen Nordseeküste (Abb. 8). Sie zog über die west- und ostfriesischen Inseln nach Ostfriesland. In der Folge baute sich die blitzintensive Linie weiter aus und zog in südöstlicher Richtung landeinwärts. Mit Passage der Linie wurde auf Borkum eine erste Orkanbö von 128 km/h gemessen. Dort stellt dies noch kein allzu seltenes Ereignis dar, doch mussten in den frontgebunden Gewittern durch die erwähnte labile Schichtung der Luft auch im Binnenland Spitzenböen mit Orkanstärke erwartet werden. Auch Starkregen und Hagel waren im Bereich der Linie wahrscheinlich. Zudem waren die Bedingungen zur Bildung einzelner Tornados günstig. Die Mitarbeiter der UWZ gaben vor der Front frühzeitig gesonderte Gewittervor- und -akutwarnungen heraus.
In den Frühstunden des 01.03.2008 erstreckte sich die Gewitterlinie vom Niederrhein bis zur Uckermark und zog bis zum Nachmittag über den Südosten des Landes weiter nach Österreich und Tschechien. Der Verlauf der Linie ist gut auf dem Radarfilm sowie an der Verlagerung der registrierten Blitze zu erkennen (Abb. 8 und 9).
Abb. 8: Radarfilm vom 29.01.2008, 12 Uhr bis zum 01.03.2008, 19 Uhr MEZ. Im Bereich des Ausläufers bildete sich in der Nacht zum 01.03. eine ausgeprägte Gewitterlinie (Squalline).
Abb. 9: Blitzentladungen am 01.03.2008 zwischen 01 und 15:50 Uhr MEZ. Anhand der Blitzentladungen sind der Verlauf und die Aktivität der Gewitterlinie gut zu erkennen. In einem 6stündigen Zeitraum zwischen 04:47 und 10:47 Uhr MEZ wurden insgesamt 18.565 Blitze registriert. Das entspricht bereits einer markanten Gewitterlage in den Sommermonaten.
Wie auch auf dem Radarfilm gut zu erkennen ist, war die Linie zunächst vor allem im Nordwesten und Westen deutlich ausgeprägt. So wurden in ihrem Bereich Orkanböen im Flachland gemessen. Bis 7 Uhr MEZ konnten beispielsweise in Büren-Ahden (135 km/h), Fröndenberg (130 km/h) und in Beverungen-Drenke (119 km/h) Orkanböen registriert werden. Auf dem Kahlen Asten im Hochsauerland wurde ebenfalls eine Spitzenbö von 130 km/h erreicht (Abb. 10).
Eingelagert in die Kaltfront waren stärkere Schauer und blitzreiche Gewitter, in deren Bereich die größten Schäden auftraten. An vielen Orten gab es eng begrenzte Gewitterböen bis Orkanstärke, Schadensanalysen ließen in zahlreichen Fällen auf Böen von mehr als 150 km/h schließen. Unter den günstigen Bedingungen (starke Labilität, sehr rasche Windzunahme mit der Höhe) konnten sich auch einzelne Tornados bilden. Durch die enorm hohe Zuggeschwindigkeit der Gewitterzellen von zum Teil mehr als 100 km/h lassen sich die Tornadoschäden aber nur schwer von den Schäden durch eine Gewitterböe unterscheiden und der Tornadonachweis kann erst durch langwierige Untersuchungen erfolgen. Die stärksten bekannten Sturmereignisse wahrscheinlich ebenfalls Tornados - traten in Lülsfeld (Kreis Schweinfurt) sowie in Leberskirchen und Eggenpoint im Landkreis Landshut auf. In beiden Fällen dürften die Spitzenböen Werte um 200 km/h erreicht haben. Dadurch gab es innerhalb von schmalen kilometerlangen Schneisen erhebliche Gebäude- und Vegetationsschäden.
Abb. 10: Auswahl der Spitzenböen, gemessen am 01.03.2008 zwischen 1 und 7 Uhr
Messwerte: Spitzenwindböen in Orkanstärke (ab 118 km/h)
Messzeitraum: 01.03.2008 zwischen 01 und 07 Uhr MEZ
Quelle: Auswahl Messnetze MeteoGroup, DWD
- 169 km/h - Zugspitze
- 163 km/h - Feldberg/Schwarzwald
- 152 km/h - Säntis (CH)
- 148 km/h - Brocken
- 144 km/h - Wendelstein
- 143 km/h - Belchen/Schwarzwald
- 135 km/h - Büren-Ahden, Bühlerhoehe
- 133 km/h - Großer Arber, Großer Kornberg
- 130 km/h - Weinbiet, Kahler Asten, Fichtelberg
- 128 km/h - Ütliberg-Turm (CH)
- 120 km/h - Schauinsland, Fröndenberg
- 119 km/h - Vlissingen, Fritzlar, Beverungen-Drenke
Im weiteren Verlauf des 01.03.2008 wirkte sich bei der Entwicklung der Böen, zusätzlich zu den konvektiven Prozessen im Bereich der Kaltfront, vor allem in Sachsen und in Südbayern eine Kanalisierung des Windes zwischen dem Erzgebirge bzw. den Alpen und der herannahenden Gewitterlinie aus. Begünstigt durch diese beiden Effekte wurden z.B. an den Messstationen in Bendiktbeuren (Kloster) und in Chemnitz Spitzenböen von 156 bzw. 152 km/h gemessen. Beide Stationen werden in der Warnarbeit der Unwetterzentrale zum Flachland gerechnet.
In den höheren und exponierten Berglagen herrschte auch unabhängig von der Front teils schwerer Orkan. Spitzenwerte waren auf dem Feldberg im Schwarzwald 163 km/h, auf der Hornisgrinde sowie auf dem Fichtelberg 156 km/h und auf dem Brocken 148 km/h. Die stärkste Bö des ganzen Ereignisses konnte mit 222 km/h auf dem Wendelstein (auf 1832 Metern) gemessen werden (Abb. 11).
Abb. 11: Auswahl der Spitzenböen, gemessen am 01.03.2008 zwischen 7 u. 13 Uhr
Messwerte: Spitzenwindböen in Orkanstärke (ab 117 km/h)
Messzeitraum: 01.03.2008 zwischen 07 und 13 Uhr MEZ
Quelle: Auswahl Messnetze MeteoGroup, DWD
- 222 km/h - Wendelstein
- 191 km/h - Zugspitze, Wallberg
- 183 km/h - Feuerkogel (A)
- 178 km/h - Säntis (CH)
- 163 km/h - Nebelhorn, Feldberg/Schwarzwald
- 157 km/h - Hoernli (CH), Ütliberg-Turm (CH)
- 156 km/h - Hornisgrinde, Benediktbeuern (Kloster), Fichtelberg
- 152 km/h - Chemnitz, Chasseral (CH), Belchen/Schwarzwald
- 150 km/h - Haag (A)
- 148 km/h - Hohenpreißenberg, Sonnblick (A)
- 143 km/h - Mindelheimer Hütte
- 141 km/h - Bühlerhöhe, Wien-Schwechat (A), Salzburg/Flughafen (A)
- 139 km/h - Ebenalp (CH)
- 137 km/h - Waging am See-Schnöbling, Gäbris (CH), Galzig (A), Mühldorf
- 135 km/h - Spitzingsattel
- 133 km/h - Freudenstadt, Großer Kornberg, Weinbiet
- 131 km/h - Wasserauen (CH)
- 130 km/h - Stötten, LT Alte Weser, Feuchtwangen, Heilbronn
- 128 km/h - Borkum (MM)
- 126 km/h - Linz (A), Baltrum, Kremsmünster (A), Altmühlsee (A)
- 124 km/h - Dornstetten, Backnang, Eschlkam, Regensburg (MM)
- 122 km/h - Gera, Seibersdorf (A), Wolfsegg (A), Hopferau (Allgäu)
- 120 km/h - Konstanz-Südkurier, Helgoland-Oberland
- 119 km/h - Binningen (CH), Retz (A), Berus/Saarland, Weimar, Gelbelsee
Nach Passage der Kaltfront blieb es zunächst starkwindig (Abb. 12). Im Flachland kam es weiterhin flächendeckend zu Sturmböen. Zum Mittag des 01.03.2008 gelangte dann zunächst der Nordwesten in den Trog-Bereich des mittlerweile über Südschweden liegenden südlichen Kerns von EMMA. Dies führte erneut zu einer dramatischen Windzunahme. An einigen besonders exponierten Messstationen wurden sogar wieder Orkanböen gemessen, wie beispielsweise auf Hiddensee-Dornbusch (124 km/h) und Borkum (120 km/h). Am Leuchtturm Alte Weser in der Deutschen Bucht erreichten die Spitzenböen Werte bis 130 km/h.
Im Binnenland wurde vor allem die Nord- und Osthälfte des Landes vom rückseitigen Trog EMMAs beeinflusst. Hier wurden im Flachland schwere Sturmböen bis 100, vereinzelt auch orkanartige Böen bis um 115 km/h erreicht. In einigen Berglagen ist es weiterhin zu Orkanböen gekommen (Brocken und Fichtelberg je 148 km/h, Hochwald 137 km/h). Im Laufe des Abends und in der Nacht zum 02.03. ließ der Wind von West nach Ost vorerst allmählich nach.
Abb. 11: Auswahl Spitzenböen, gemessen am 01.03.2008 zwischen 13 und 18 Uhr
Weiterhin herrschte auf der Rückseite EMMAs allerdings eine kräftige nordwestliche Höhenströmung. Zum Morgen des 02.03. erreichte dann das in diese Höhenströmung eingelagerte Randtief FEE den Nordwesten Deutschlands und zog bis zum Mittag rasch über die Mitte und den Osten/Südosten Deutschlands hinweg. Es lenkte einen Schwall milderer atlantischer Luft nach Mitteleuropa. In seinem Bereich nahmen die Luftdruckgegensätze abermals kräftig zu, was zu erneut deutlich zunehmendem Wind führte. Im Flachland wurden dabei wiederholt teils schwere Sturmböen erreicht. Nach Abzug des Randtiefs verblieb über der Mitte Deutschlands eine Luftmassengrenze, die feucht-kühle atlantische Luft im Norden von milderer Luft im Süden trennte. Im Bereich der Luftmassengrenze kam es in der Folge zu zeitweise kräftigen Niederschlägen.
Warnmanagement der Unwetterzentrale
Bereits etwa 36 Stunden vor Beginn des Ereignisses gab die Unwetterzentrale Deutschland flächendeckende Vorwarnungen für Sturm/Orkan heraus. Die Akutwarnphase begann am Freitagvormittag (29.02.2008) etwa 12 Stunden vor Beginn des Sturmes (Abb. 13). Im Schwarzwald wurden, auf Grund des erwähnten vorlaufenden Randtiefs, schon in der Nacht zum Freitag erste Akutwarnungen ausgegeben. Trotz der frühzeitigen Ausgabe der Warnungen entsprachen diese sehr gut dem tatsächlichen Verlauf der Unwetterlage und waren in Anzahl und Höhe der Warnstufe dem Ereignis angemessen. So waren während des Ereignisses nur noch in wenigen Landkreisen Aktualisierungen nötig.
Kurzfristiger erfolgten dagegen die Warnungen für Starkregen und Gewitter. Die Starkregenwarnungen wurden mit Aufzug des Niederschlagsgebietes am Abend des 29.02.2008 herausgegeben. Die Gewittervorwarnungen erfolgten während des Aufbaus der Gewitterlinie.
Abb. 13: Diese Karte zeigt alle ausgegebenen Warnungen vom 29.02.2008. Dargestellt ist jeweils die höchste für die einzelnen Landkreise ausgegebene Warnstufe.
Vorhersage
Die Vorhersagemodelle der verschiedenen nationalen und internationalen Wetterdienste zeigten in ihren Berechnungen schon etwa fünf Tage vor dem eigentlichen Ereignis die brisante Kombination eines Frontdurchgangs in Verbindung mit sehr labilen Bedingungen und einem markanten Sturmfeld. Allerdings variierten und divergierten die einzelnen Berechnungen anfangs noch recht stark, was die Ausprägung des Höhenwindes in den unterschiedlichen Schichten der Troposphäre angeht. Hier näherten sich die Modelle etwa zwei Tage vor dem Sturm jedoch an. Das Potenzial für Orkanböen bis ins Flachland herab war frühzeitig und hervorragend zu erkennen. Hervorzuheben ist beispielsweise ein hochaufgelöstes Modell des britischen Wetterdienstes mit einer Gitterweite von 4 km: Es berechnete nicht nur den starken Höhenwind an der Front sehr präzise sondern gleichermaßen orographische Effekte, wie die oben angesprochene Kanalisierung an einzelnen Gebirgszügen (z.B. am Haarstrang in NRW (Büren-Ahden mit 135 km/h) sowie im Thüringer Wald und Erzgebirge).
Ein Vergleich zu Orkantief KYRILL (Januar 2007)
Orkantief EMMA war seit Orkan KYRILL Mitte Januar 2008 der stärkste flächendeckende Sturm, der Deutschland gebietsweise mit Orkanböen bis ins Flachland beeinflusste. Orkan KYRILL war in der Fläche gesehen jedoch stärker als EMMA und forderte viel mehr Schäden. Bei KYRILL kam es in Deutschland verbreitet zu Orkanböen bis ins Flachland und auch die Höhenwinde waren eklatant stärker als bei Tief EMMA. Während bei EMMA ca. 140 bis 170 km/h Mittelwinde im 850 hPa-Niveau (also in ca. 1,5 km Höhe) berechnet wurden, waren es bei KYRILL zum Teil über 200 km/h . Punktuell betrachtet war Orkantief EMMA stärker. Gebunden an kräftige Schauer und Gewitter wurden im Flachland bis zu 156 km/h Spitzenböen gemessen. Bei KYRILL lag die höchste Flachlandböe bei 150 km/h (Eppendorf/Sachsen).
Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Orkanen besteht darin, dass die Luftschichtung bei Orkantief EMMA entscheidend labiler und die Windscherung massiver ausgeprägt waren als bei KYRILL. Dies wird zum Beispiel an der Ausprägung der Gewitterlinie deutlich. Auch beim Kaltfrontdurchgang KYRILLs organisierten sich kräftige Schauer und Gewitter zu einer Squallline, jedoch wurden bei EMMA flächiger und häufiger Blitze registriert, was auf wesentlich stärkere Turbulenzen hindeutet als bei KYRILL.
Die Schäden, die KYRILL verursacht hat, liegen kostenmäßig weitaus höher als bei EMMA, was daran liegt, dass flächendeckend Orkanböen aufgetreten sind.
Diese Analyse wurde von Nils Dick, Andreas Wagner, Thomas Sävert und Stefan Laps, Meteorologen der Unwetterzentralen Deutschland, im März 2008 erstellt.
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