Entwicklung der markanten Sturmserie (15 bis 17.12.2005)

Beschreibung der Ausgangswetterlage
Verlauf des Bodendrucks und der Frontalzonen
Hier sehen Sie die Bodendruckanalysekarten des britischen Wetterdienstes mit der Darstellung der Wetterlage (L = Low für Tief, H = High für Hoch). Ein erstes Sturmtief mit Zentrum über Norwegen leitete am 15.12.2005 eine stürmische Wetterphase ein. Seine Kaltfront führte einen ersten Schwall hochreichender Kaltluft über die Nordsee in den Norden Deutschlands. Hinter der Kaltfront kam es an den Küsten sowie in einigen nördlichen Mittelgebirgen zu einzelnen orkanartigen Windböen, vereinzelt auch zu Orkanböen. An den Nordrändern der Mittelgebirge sowie in den Alpen setzten kräftige Schneefälle ein.

Auf Grund der vorgegebenen Temperatur- und Strömungsverhältnisse ließ sich bereits die dynamische Entwicklung der kommenden Tage ableiten. So baute sich durch die hinter dem Sturmtief bei Norwegen einfließende kalte Polarluft und dem kräftig ausgeprägten atlantischen Hochdruckgebiet eine Zone mit starkem Temperaturgradienten auf. Am Mittag des 15.12.2005 zeichnete sich die Entwicklung der kommenden Orkanlage bereits südöstlich von Island ab, zum einen durch enge Isobarendrängung, zum anderen durch eine starke Höhenströmung und durch das Zusammentreffen von kalter Polarluft mit milder Altantikluft.

Am Abend des 15.12.2005 beobachteten die Meteorologen der MeteoGroup Unwetterzentrale einen starken Luftdruckfall nördlich von Schottland; ein weiteres Indiz für die Bildung eines kräftigen Tiefs. Gleichzeitig strömte von Grönland her hochreichende Kaltluft nach Süden, während an der Nordflanke des atlantischen Hochs milde Subtropikluft herangeführt wurde. Dadurch verschärften sich die Temperaturgegensätze über der Nordsee weiter und somit waren ideale Voraussetzungen zur Bildung eines Orkantiefs gegeben, welches verschiedene Vorhersagemodelle bereits einige Tage zuvor erkannt haben.

In der Nacht zum 16.12.2005 erreichten dann die Ausläufer des neuen Tiefs den Nordwesten und Westen Deutschlands, während das Tief selbst mit der starken Höhenströmung nach Südosten zog, sich dabei fortwährend vertiefte und zu einem Orkantief entwickelte.

Das Orkantief erreichte in den Mittagsstunden des 16.12.2005 seinen Höhepunkt und hat sich innerhalb von 48 Stunden um 33 Hektopascal vertieft. Hinter der Kaltfront strömte kalte Luft polaren Ursprungs heran und sorgte vor allem im Bergland für schneesturmartige Verhältnisse. Es ist vor allem an den Nordrändern der Mittelgebirge sowie im Nordstau der Alpen teilweise zu enormen Neuschneemengen gekommen, die sich auf Grund des Orkans zu meterhohen Schneeverwehungen aufgetürmt haben.

MeteoGroup-/T-Online-Luftdruckanimation
Verlauf des Luftdrucks an Hand von Stationsdaten
Diese Animation zeigt die Luftdruckentwicklung über Deutschland vom 16.12.2005 morgens um 5 Uhr MEZ bis zum 17.12.2005 um 4 Uhr MEZ. Hierbei ist sehr schön zu sehen, wie das Orkantief mit seinem Zentrum unter Verstärkung von Schleswig-Holstein über Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg hinweg nach Polen zog. Es baute sich ein Luftdruckgradient von bis zu 35 Hektopascal zwischen dem Osten Brandenburgs und dem Oberrheingraben auf. Die starken Luftdruckgegensätze (enge Linien gleichen Luftdrucks (Isobaren)) sorgten für massive Ausgleichbewegungen sprich Wind in der Atmosphäre, welche sich letztlich in Orkanböen äußerten.

An dieser Stelle sei erinnert, dass diese Wetterlage in ihrer Intensität nicht vergleichbar mit anderen Orkanlagen ist. So hat es beispielsweise bei Orkantief LOTHAR Weihnachten 1999 weitaus höhere Windgeschwindigkeiten in Süddeutschland gegeben. LOTHAR überquerte Süddeutschland und so wurden auf dem Hohentwiel (ein Berg im Hegau im Süden Baden-Württembergs) 272 Kilometer pro Stunde erreicht, auf dem Feldberg im Schwarzwald 215, auf der Zugspitze 195, in Karlsruhe 151 und in Freiburg 129 Kilometer pro Stunde.

MeteoGroup Satellitenbild
hochaufgelöstes Satellitenbild
Das Satellitenbild zeigt den Orkanwirbel mit Zentrum über Polen. Die Kaltfront des Tiefs verläuft quer über der Mitte Deutschlands, von der Nordsee her ziehen bereits kräftige Schauerstraßen mit Einfließen polarer Kaltluftmassen in den Nordwesten. Schön zu sehen ist auch die Staubewölkung auf der Alpennordseite, während es auf der Alpensüdseite teils sonnig oder leicht bewölkt ist. Bedingt durch den Norwegenföhn ist es zwischen Schleswig-Holstein und dem Norden Thüringens in einem schmalen Streifen sogar wolkenlos.

Messwerte: Spitzenwindböen
6stündige Spitzenwindböen
Die Karte zeigt eine Auswahl der höchsten Spitzenwindböen, die am 16.12.2005 im 6stündigen Zeitraum zwischen 7 und 13 Uhr MEZ registriert worden sind. Nachfolgend eine Liste mit ausgewählten Messstationen, die orkanartige Windböen von ab 104 km/h genessen haben:

  • 180 km/h - Wendelstein
  • 161 km/h - Brocken
  • 143 km/h - Helgoland-Oberland
  • 130 km/h - Feldberg Schwarzwald
  • 124 km/h - Gotha
  • 122 km/h - Borkum, Neuharlingersiel, Schleiz
  • 120 km/h - Langeoog, Wangerooge
  • 119 km/h - Bad Liebenwerda, Spiekeroog, Göttingen, Hornisgrinde
  • 119 km/h - Ummendorf
  • 117 km/h - Baltrum, Wilhelmshaven
  • 115 km/h - Plauen
  • 113 km/h - Braunschweig-Flughafen, Wetze/Northeim
  • 111 km/h - Esens-Bensersiel, Bremerhaven, Warburg, Elpersbüttel, Artern, Fürstenzell, Lichtenhain-Mittelndorf, Norderney, Bühlerhöhe, Gera,
  • 109 km/h - Aschersleben, Königsbrunn
  • 107 km/h - Naila, Bochum-Sundern, Bühren-Ahden, Oschatz
  • 106 km/h - Halle-Trotha, Rinteln, Solingen
  • 104 km/h - Großkneten, Hooksiel, Wittenberg, Beverungen-Drenke, Weimar, Cuxhaven


6stündige Spitzenwindböen
Diese Karte zeigt eine Auswahl der höchsten Spitzenwindböen, die am 16.12.2005 im 6stündigen Zeitraum zwischen 13 und 19 Uhr MEZ registriert worden sind. Nachfolgend eine Liste mit ausgewählten Messstationen, die orkanartige Windböen von ab 104 km/h genessen haben:

  • 176 km/h - Fichtelberg
  • 172 km/h - Wendelstein
  • 144 km/h - Wallberg
  • 141 km/h - Zugspitze
  • 137 km/h - Hohenpeißenberg
  • 130 km/h - Hochwald
  • 122 km/h - Kabelsketal
  • 119 km/h - Gotha, Lichtenhain-Mittelndorf
  • 117 km/h - Bad Liebenwerda
  • 115 km/h - Stötten
  • 113 km/h - Königsbrunn
  • 111 km/h - Hornisgrinde, Leipzig-Flugplatz, Mindelheimer Hütte, Chemnitz, Chieming, Oschatz, Ehrenfriedersdorf
  • 109 km/h - Torgau
  • 107 km/h - Meiningen, Zinnwald-Georgenfeld, Schleiz
  • 106 km/h - Holzkirchen, Altenburg, Oderwitz
  • 104 km/h - Dresden-Flughafen


Orkan: ab 117 km/h (Bft. 12), orkanartiger Wind: 104 bis 117 km/h (Bft. 11), schwerer Sturm 89 bis 103 km/h (Bft. 10)

Quelle der Messwerte: MeteoGroup und DWD

MeteoGroup Niederschlagsanimation
Niederschlagsradarfilm
Skala der Niederschlagsintensitäten
Hier sehen Sie die Niederschlagsradaranimation für den Zeitraum von 15.12.2005, 22 Uhr bis zum 18.12.2005, 7 Uhr MEZ. Sie zeigt die durchziehenden Niederschlagsgebiete des Orkantiefs sowie die nachfolgenden Schauerstraßen. Durch die starke Höhenströmung ziehen die Niederschlagsechos sehr schnell über Deutschland hinweg. Vor allem an den Nordhängen der Berge ist jedoch eine Verstärkung und ein längeres Verweilen der Niederschlagsechos zu erkennen. Dies hängt damit zusammen, dass die niederschlagsträchtigen Wolken an den Bergen zum Aufsteigen gezwungen werden und die Niederschläge intensivieren sich dadurch häufig. An den Alpen ist eine massive Staulage mit anhaltendem und heftigen Schneefall zu erkennen. Die Intensitäten sind hier durch den festen Aggregatzustand der Niederschläge allgemein etwas zu schwach dargestellt, d.h. bereits bei der zweiten Farbstufe (leicht) fällt meist mäßiger, in Staulagen sogar starker Schneefall! Im Laufe des Films sind geometrische Strukturen sichtbar, welche jedoch nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben, dies sind einzelne Radarfehler.

Messwerte: Schneehöhen
Schneehöhen
Diese Karte zeigt die Schneehöhen vom Sonntag, 18.12.2005, morgens um 7 Uhr MEZ. Durch das Einfließen der polaren Kaltluft  und der ziemlich flächendeckenden Niederschläge als Schnee bildete sich verbreitet im Land eine Schneedecke, die je nach Geländelage (Flachland oder Mittelgebirge) und Schauerzugbahn nur wenige oder mehrere Zentimeter betrug.

Auswahl einiger 48stündiger Neuschneeakkumulationen
Messzeitraum: 16.12.2005, 7 Uhr bis 18.12.2005, 7 Uhr MEZ)

  • 115 cm - Zugspitze (2960 m, Wettersteingebirge/Alpen, Bayern)
  •   76 cm - Großer Arber (1437 m, Böhmerwald, Bayern)
  •   57 cm - Brocken (1142 m, Oberharz, Sachsen-Anhalt)
  •   47 cm - Fichtelberg (1213 m, Erzgebirge, Sachsen)
  •   45 cm - Oberstdorf (810 m, Bayern)

Durch den starken Wind kam es dabei zu teils meterhohen Verwehungen.

Niederschlagssummenkarten (Benutzerzugang der Unwetterzentrale)Niederschlagssummenkarte
Basis für die Niederschlagssummenkarten sind die Daten der Wetterstationen sowie Radarabtastungen. Auf dieser Karte sehen Sie die Niederschlagsmengen des Zeitraumes vom 11.12.2005 bis zum 18.12.2005 für Deutschland. Vor allem in den Staulagen der Bergländer sind verbreitet 50 bis 70 Liter, stellenweise 70 bis 100 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gemessen worden. Im Allgäu sind stellenweise sogar Spitzen von über 100 Litern erreicht worden.
Hier handelt es sich um die Wassermenge des gefallenen Schnees pro Quadratmeter. In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass ein Liter Niederschlag je Quadratmeter etwa ein bis zwei Zentimeter Neuschnee entsprechen (unverweht). Durch das Eigengewicht des Schnees setzen sich jedoch die Schneemassen, was folglich zu einer Verminderung der Gesamtschneedecke führt. Letzteres kann auch durch Schneeverwehungen eintreten.

Vorhersagbarkeit und Vorhersagequalität
des Sturm- und Niederschlagsereignisses

Windfeldvorhersage fürs 850 hPa-Niveau
Hier sehen Sie die Windvorhersage vom 15.12.2005, 19 Uhr des amerikanischen Vorhersagemodells GFS (Global Forecast System) zum Höhepunkt des Orkans. Hier ist die zu erwartende mittlere Windgeschwindigkeit in Knoten in einem Niveau von etwa 1.500 Metern (850 hPa) zu sehen. Da bereits die Berechnungen von GFS sowie anderer Vorhersagemodelle in den Berechnungen ein bis zwei Tage zuvor recht stabil ausgefallen sind, konnten die Meteorologen der Unwetterzentrale rechtzeitig in die Vor- bzw. Akutwarnphase eintreten. Sehen Sie hierzu den Warnverlauf weiter unten auf dieser Seite.

Windfeldvorhersage fürs 700 hPa-Niveau
Hier ist die 21 Stunden-Mittelwindvorhersage von GFS für die Höhenlagen um 3.000 Meter (700 hPa) zu sehen. Auf dieser Grundlage basieren die rechtzeitigen Orkanvorhersagen für den Alpenraum. Da die Vorhersagemodelle bereits vier Tage vor dieser Sturmserie die Entwicklung kontinuierlich erfassten, konnte u.a. im Warnlagebericht der MeteoGroup Unwetterzentrale bereits mehrere Tage vor dieser Sturmlage gewarnt werden. Zusammen mit verschiedenen Niederschlagsvorhersagemodellen (u.a. das eigene Wettervorhersagemodell MeteoGroup EZ-MOS) konnten die Meteorologen zudem frühzeitig vor massiven Behinderungen durch Starkschneefälle und Verwehungen warnen.

Warnmanagement der Unwetterzentrale
Im Warnlagebericht wurde am Montag, den 12.12.2005 erstmals auf eine bevorstehende Sturmlage hingewiesen. Nachfolgend einige Auszüge aus dem TREND:

Lagebericht von 12.12.2005 um 03:05 Uhr MEZ, Stefan Laps
"Ab Donnerstag könnte ein kräftiges Sturmtief von Norwegen zur zentralen Ostsee ziehen und erheblichen Einfluss auf das Wetter in Deutschland ausüben. Diese genaue Zugbahn und Entwicklung des Tiefs ist noch nicht ganz sicher. Nach den derzeitigen Berechnungen wären an den Küsten sowie in einigen Berglagen Orkanböen möglich, auch sonst wäre verbreitet stürmisches Wetter möglich. Am Freitag könnten zudem kräftige Stauniederschläge in Form von Schnee und Regen Warnschwellen erreichen. Auch darüber hinaus deutet sich unter Tiefdruckeinfluss voraussichtlich sehr wechselhaftes und windiges Wetter an."

Lagebericht von 14.12.2005 um 05:07 Uhr MEZ, Andreas Wagner
"Am Donnerstag zieht ein Sturmtief über Norwegen hinweg nach Osten. Nach derzeitigen Berechnungen sind bei stark auffrischendem Wind an den Küsten schwere Sturmböen, im Bergland Orkanböen möglich und auch sonst ist verbreitet mit stürmischem Wetter zu rechnen. Die Intensität der Niederschläge erreicht voraussichtlich noch keine Warnschwellen.
Am Freitag könnte ein neues Sturmtief rasch über Norddeutschland hinweg nach Osten ziehen. Dann sind gebietsweise schwere Sturmböen bis ins Flachland möglich, in höheren Lagen sind Orkanböen denkbar. Bevorzugt im Bergland kann es zudem kräftige Stauniederschläge in Form von Regen und Schnee geben, die gebietsweise Warnschwellen erreichen können; vor allem am Alpenrand sind große Neuschneemengen möglich und generell sind im Bergland massive Schneeverwehungen denkbar. Die Schneefallgrenze steigt vor allem im Westen und Südwesten vorübergehend auf etwa 1000 Meter an, sinkt dann aber abends mit der Zufuhr kalter Polarluft rasch bis in die Niederungen ab.
Bis zum Wochenende dürfte es in weiten Landesteilen bis in die Niederungen hinab winterlich sein und vor allem im Bergland stürmt und schneit es zeit- und gebietsweise stark. Hier ist auch mit massiven Schneeverwehungen zu rechnen. Vor allem in der Nord- und Osthälfte kann es kurze Wintergewitter mit Starkschneefall, Graupel und Sturmböen geben."

Lagebericht von
14.12.2005 um 08:30 Uhr MEZ, Thomas Sävert
"Am Freitag zieht ein Randtief rasch über die norddeutschen Küstengebiete hinweg nach Polen und verstärkt sich dabei zu einem Orkantief. Dann sind verbreitet schwere Sturmböen bis ins Flachland möglich, vereinzelt auch orkanartige Böen, in höheren Lagen teils schwere Orkanböen. Besonders im Bergland können zudem kräftige Stauniederschläge in Form von Regen und Schnee fallen, die gebietsweise Warnschwellen erreichen können. Vor allem am Alpenrand sind große Neuschneemengen möglich und generell sind im Bergland massive Schneeverwehungen denkbar. Die Schneefallgrenze steigt vor allem im Westen und Südwesten vorübergehend auf etwa 1000 Meter an, sinkt dann aber abends mit Zufuhr kalter Polarluft rasch ab."

Nachfolgend können Sie einige Warntexte zu den Sturm- und Schneewarnungen (Auszüge) der Unwetterzentrale nachlesen. Der Übersicht halber ist nicht der vollständige Warnverlauf aufgeführt.

Vorwarnung (für die Warnstufe ROT) vor Sturm/Orkan an der Küste für den Kennzeichenbereich PI

  • ausgegeben: 13.12.2005, 14:32 Uhr
  • gültig von 15.12.2005, 01:00 Uhr bis 18.12.2005, 12:30 Uhr
  • SMS-Schlagzeile: "Vorwarnung: Helgoland, Mi 80 NW, Do+Fr 90-110, Schauer 120-130 km/h NW"
  • E-Mail- und Fax-Warntext: "Am Dienstagabend und in der Nacht zum Mittwoch frischt der Nordwestwind stark auf. Auf der freien Nordsee sowie Helgoland sind einzelne Sturmböen um 80 km/h möglich. Tagsüber lässt der Wind etwas nach Sturmböen bis etwa 80 km/h treten nur noch vereinzelt auf. Ab der Nacht zum Donnerstag wird ein Sturmtief wetterbestimmend: So sind auf Helgoland schwere Sturmböen um 90 km/h möglich, mit Durchzug einer Kaltfront ab den Morgenstunden auch Orkanböen um 120 km/h. Dahinter sind besonders in Schauernähe Orkanböen um 120 km/h, in kräftigen Schauern auch Böen um 130 km/h möglich, vereinzelt können auch stärkere Böen auftreten. Zum Freitag lässt der Nordwestwind deutlich nach. Ob er ab etwa Freitagabend und am Samstag noch einmal stürmisch auffrischt, bleibt wegen bisweilen noch unsicherer Zugbahn eines weiteren Sturmtiefs abzuwarten. - uwz/sl"


Vorwarnung (für die Warnstufe ROT) vor Sturm/Orkan an der Küste für den Kennzeichenbereich LER

  • ausgegeben: 13.12.2005, 18:02 Uhr
  • gültig von 15.12.2005, 01:00 Uhr bis 18.12.2005, 12:30 Uhr
  • SMS-Schlagzeile: "Vorwarnung: Borkum, Do 80-100, Schauer 120, Fr 80-100, Wochenende stürmisch"
  • E-Mail- und Fax-Warntext: "Ab der Nacht zum Donnerstag frischt der Nordwestwind stark bis stürmisch auf. Auf der freien Nordsee sowie auf Borkum sind zunächst Sturmböen zwischen 80 und 100 km/h möglich. Am Donnerstagvormittag überquert eine Kaltfront die Insel mit orkanartigen Böen um 115 km/h. Nachmittags ziehen einzelne Schauer durch, in deren Bereich vorübergehend auch Orkanböen um 120 km/h auftreten können, vereinzelt sind auch stärkere Böen nicht auszuschließen. Im Laufe des Donnerstagabends lässt der Wind zwar langsam nach, weitere schwere Sturmböen um 100 km/h sind jedoch möglich, in Schauernähe auch darüber.Am Freitag weht voraussichtlich weiterhin zeitweise starker Nordwestwind mit Sturmböen um 80 km/h, in Schauernähe auch einzelnen schweren Sturmböen zwischen 90 und 100 km/h, vereinzelt auch darüber. Auch am Wochenende bleibt es stürmisch. Diese genaue Entwicklung bleibt aber auf Grund von bisweilen noch unsicheren Zugbahnen weiterer Sturmtiefs abzuwarten. Achten Sie daher bitte auf weitere Warnhinweise. - uwz/sl"

Auswirkungen:

  • Schwerer Seegang, große Brecher auch in Strandnähe.
  • Bei auflandigem Wind erhöhte Sturmflut.
  • U.U. Überflutungen von Strandpromenaden, Straßen, Parkplätzen, Hafenanlagen
  • Eingeschränkte Sichtverhältnisse auf See und in Strandnähe bei auflandigem Sturm.
  • Gefahr von Windbruch, umherfliegenden Gegenständen und Dachziegeln.

Verhaltensempfehlungen:

  • Bei auflandigem Wind sturmflutgefährdete Bereiche, Strandanlagen und Hafenanlagen meiden sowie Hochwasserschutzeinrichtungen freihalten.
  • Vorsicht vor Windbruch.
  • Sport- und Freizeitschifffahrt umgehend Schutzhäfen aufsuchen.
  • Das Auslaufen birgt Lebensgefahr.
  • Bei Überflutung Rettungswesten anlegen.
  • Vorsicht bei Überflutung vor hochgedrückten Gully-/Kanaldeckeln.
  • Ggf. überflutete Straßen meiden; nicht mit KFZ durchqueren.
  • Bitte Rundfunkdurchsagen beachten, dabei auf Batteriebetrieb achten!
  • Schiffe rechtzeitig sturmfest machen und stärker absichern.
  • U.U. ist vereinzelt ein Ausfall der Strom-, Wasser-, Gas- und Telefonversorgung möglich.


Vorwarnung (für die Warnstufe VIOLETT) vor Starkschneefall im Bergland für den Kennzeichenbereich GAP

  • ausgegeben: 15.12.2005, 05:24 Uhr
  • gültig von 16.12.2005, 00:00 Uhr bis 18.12.2005, 08:30 Uhr
  • SMS-Schlagzeile: "Vorwarnung: Teils schneesturmartiger heftiger Schneefall. Um 100 cm in 48h"
  • E-Mail- und Fax-Warntext: "In der Nacht zum Freitag setzt im Nordstau der Alpen Schneefall ein, der sich kontinuierlich verstärken wird und besonders am Freitag sowie in der Nacht zum Samstag schneit es dann zeitweise heftig, teils schneesturmartig und mit massiven Verwehungen. Die Schneefallgrenze pendelt am Freitag vorübergehend zwischen 500 und 1000 Metern, sie sinkt am Freitagabend jedoch rasch bis in die Tallagen ab. Am Samstag herrscht weiterhin Dauerschneefall bei abnehmendem Sturm. Innerhalb eines etwa 48stündigen Zeitraumes rechnen wir in den Hochlagen oberhalb von 1000 Metern mit Neuschneesummen von 70 bis 100 Zentimetern. Durch den stürmischen Wind sind massive Schneeverfrachtungen möglich und es kann zu nachhaltigen Behinderungen durch die Schneemassen kommen. - uwz/aw"


Akutwarnung (Warnstufe VIOLETT) vor Starkschneefall im Bergland für den Kennzeichenbereich GAP

  • ausgegeben: 15.12.2005, 20:17 Uhr
  • gültig 15.12. 22:00 Uhr bis 18.12. 07:30 Uhr
  • SMS-Schlagzeile: "ca. 1 m Neuschnee, lokal mehr in 48 h; extreme Verfrachtungen"
  • E-Mail- und Fax-Warntext: "Von Norden her breitet sich im Laufe des späten Donnerstagabends und in der Nacht zum Freitag Schneefall aus. Tagsüber ist mit starkem und lang anhaltendem Schneefall zu rechnen. Auch am Samstag und am Sonntag sind weitere schauerartige Schneefälle mäßiger bis starker Intensität zu erwarten. Innerhalb von 48 Stunden ist daher in den Hochlagen der Bayerischen Alpen mit erheblichen Neuschneemengen von 60 bis 80 Zentimetern zu rechnen, in den Gipfellagen der Zugspitze auch um einen Meter. Die intensivsten Schneefälle gehen dabei bis zum Samstagvormittag nieder. Unter Umständen erfolgt eine Aktualisierung dieser Warnung. Auf Grund von Sturm und Orkan aus westlicher Richtung ist mit extremen Schneeverfrachtungen und Windbruch zu rechnen. Die Sichtweite kann nahe null Meter betragen, sodass Orientierung kaum noch möglich sein dürfte. Zudem besteht Lawinengefahr und es kann zu nachhaltigen Behinderungen durch die Schneemassen kommen. - uwz/sl"

Auswirkungen:

  • Orte und u.U. ganze Städte und Landstriche können von der Außenwelt abgeschnitten werden.
  • Extreme Lawinengefahr in den Alpen sowie extreme Schneebruch-/Schneebrettgefahr.
  • Allgemein extreme Einschränkungen des öffentlichen Lebens: Strom-, Wasser-, Gasversorgung sowie Telefonverbindungen können für längere Zeit ausfallen.
  • Rettungsdienste können im Gebirge u.U. erst nach mehreren Tagen am Zielort eintreffen.

Verhaltensmaßnahmen:

  • Möglichst zu Hause bleiben; die Infrastruktur kann weiträumig beschädigt sein (Totalausfall des öffentlichen Personennahverkehrs).
  • Richten Sie sich auf längeren Ausfall von Strom-, Heizung-, Wasser-, Gas- sowie Telefonverbindungen ein.
  • Lebensmittelvorräte, Trinkwasser sowie Brennstoffvorräte sollten ausreichend vorhanden sein.
  • Schalten Sie ein lokales Radioprogramm (ggf. Batterie-/Akkubetrieb sicherstellen) und/oder das Fernsehen an oder informieren Sie sich im Internet über Hinweise zum Katastrophenschutz!
  • Stellen Sie auch den Batterie-/Akkubetrieb von Kommunikationsgeräten wie Funktelefonen sicher!
  • Bitte behindern Sie auf keinen Fall Rettungs- und Katastrophenschutzmaßnahmen.
  • Nachbarschaftshilfe: Wenn möglich, vergewissern Sie sich, ob kranke oder pflegebedürftige Menschen in Ihrer Nachbarschaft versorgt werden müssen.


Warnkarten der MeteoGroup Unwetterzentrale
Warnkarte der Unwetterzentrale für Deutschland
Diese Warnkarte stellt den Höhepunkt des Warnaufkommens zur Zeit der stärksten Orkanintensität für ganz Deutschland dar. Insgesamt waren zu diesem Zeitpunkt samt Starkschneefall, Sturm/Orkan und Starkregen rund 770 Warnungen aktiv. Dies war eine der massivsten Warnlagen außerhalb der Gewittersaison im Jahr 2005. Die violett gewarnten Landkreise beziehen sich vorwiegend auf unsere Berg- bzw. Küstenwarnungen.

Warnkarte der Unwetterzentrale für Bayern (Sturm/Orkan)
Die Detailkarte für Bayern zeigt flächendeckend Sturmwarnungen der Warnstufe ROT fürs Flach- und Bergland sowie teilweise violette Warnungen für diverse Bergländer (Gipfel Böhmerwald und Alpen). Am Alpenrand selbst bestehen auch VIOLETT-Warnungen fürs Flachland.

Warnkarte der Unwetterzentrale für Bayern (Starkschneefall)
Diese Detailkarte Bayerns zeigt ausschleißlich Warnungen für Starkschneefall.

Schadensausmaß Schnee und Sturm zusammen
(Auszüge aus dpa-Meldungen)

  • Auf der A4 (Chemnitz-Jena) am Schorbaer Berg bei Jena mussten Autofahrer die Nacht bei frostigen Temperaturen im Auto verbringen. Das Deutsche Rote Kreuz half den Reisenden mit Decken und Tee. Lastwagen blockierten die Fahrbahn, Winterdienste kamen nicht durch. Autos und Lastwagen rutschten in Straßengräben.
  • In zahlreichen Bundesländern knicken Bäume um und es wurden Dächer abgedeckt. Teilweise waren ganze Straßen blockiert. In Bonn wurde ein Mann von einem herabstürzenden Ast erschlagen. Mehrere Menschen wurden durch Sturm und Glätte verletzt. Vielerorts gab es durch den Sturm erhebliche Behinderungen und Unfälle. Auch im Bahnverkehr gab es häufig Verspätungen und Zugausfälle. 100 000 Haushalte in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg waren zeitweise ohne Strom.
  • Polizei und Feuerwehr waren pausenlos im Einsatz, um Straßen von umgestürzten Bäumen zu befreien. Starke Sturmböen haben auch in Nordrhein-Westfalen schwere Schäden angerichtet. Feuerwehr und Polizei leisteten Hunderte Einsätze. In etwa einem Dutzend Fälle stürzten Bäume auf Oberleitungen sowie Gleise und legten die Bahnlinien lahm. Mehrere Menschen und Autos wurden von Ästen getroffen. In Essen drohte eine Kirchenuhr auf die Straße zu fallen. Bei insgesamt 33 Einsätzen in Kassel, Vellmar und Naumburg in Hessen mussten nach Angaben der Feuerwehr zahlreiche umgefallene Bäume von Straßen entfernt werden. In Bayern entstanden Schäden von mehreren 100.000 Euro.
  • Vielerorts verschärfte einsetzender Schneefall die Situation. Im Mecklenburg-Vorpommern wurden nach Schneefall und Glätte vier Menschen verletzt. Auf der Autobahn 14 bei Bernburg in Sachsen-Anhalt kippten zwei Lastwagen um. Ein Lkw drohte eine Brücke hinunter zu stürzen. Die heftigen Stürme störten den bundesweiten Zugverkehr. Vielfach hätten herabfallende Äste und umgestürzte Bäume die Oberleitungen beschädigt.


Fazit
Auf Grund der guten Modellvorhersagen sowie zahlreichen Erfahrungen der Meteorologen durch vergangene Sturmsysteme konnten die Meteorologen der Unwetterzentrale 24 bis 36 Stunden vor Eintreten des Orkan- und Schneeereignisses präzise Vor- und Akutwarnungen für die betroffenen Gebiete herausgegeben. Im Lagebericht wurde bereits bis zu drei Tage im Voraus auf ein potentielles Sturmereignis hingewiesen. Nebst guter Computervorhersagen zeigt es sich einmal mehr, wie äußerst vorteilhaft ein dichtes Wetterstationsnetz ist. So ist es auch besonders wichtig, Wetterstationsmeldungen und Wetterbeobachtungen außerhalb von Deutschland in die Prognose mit einfließen lassen zu können, denn zahlreiche Schiffs- und Bojenmeldungen erfassten neben den Bodenwettermeldungen aus Großbritannien und Skandinavien die Entwicklung des Orkantiefs über dem Nordatlantik präzise. Je größer die Meldungsdichte ist, desto präziser ist eine Wetter- bzw. Unwettervorhersage möglich. Nur mit großem technischen, finanziellen und personellen Aufwand kann gezielt vor Unwetterereignissen gewarnt werden. Hier bleibt die MeteoGroup Unwetterzentrale weiterhin zukunftsorientiert und innovativ.


Diese Analyse wurde von Andreas Wagner und Stefan Laps, Meteorologen der Unwetterzentrale Deutschland, im Dezember 2005 erstellt.

Quelle der Messwerte: Auswahl Messnetze MeteoGroup, DWD

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